taz.de -- Jüngstes Schiff für die Seenotrettung: Von Hamburg ins Mittelmeer

In Hamburg wurde die Taufe der „Sea-Watch 5“ gefeiert. Das Schiff soll auch eine Kampfansage an die neue rechte italienische Regierung sein.
Bild: Schon mal ein gutes Zeichen: die Sektflasche ist bei der Taufe zerbrochen

Hamburg taz | Mit einem lauten Knacken zerbricht die grüne Sektflasche. In eine Plastiktüte wurde sie vorher eingewickelt, „damit die Glasscherben nicht im Hafenbecken landen“, wie Sea-Watch-Sprecherin Mattea Weihe erklärt. Rund 200 Menschen haben am Donnerstag an der Überseebrücke im Hamburger Hafen die Taufe der „Sea-Watch 5“ gefeiert. Drei Vertreter*innen der Gruppen „Women in Exile“, „Lampedusa in Hamburg“ und „Refugees in Libya“ hielten Reden und ließen anschließend die Sektflasche gegen den Schiffsrumpf schwingen.

Mit Hilfe von privaten Spender*innen sowie dem evangelischen Verein United4Rescue, der von über 800 Organisationen unterstützt wird, hat die Menschenrechtsorganisation Sea-Watch ihr fünftes Schiff gekauft. Ab Frühjahr 2023 soll es auf dem Mittelmeer zum Einsatz kommen.

Das 58 Meter lange Versorgungsschiff sei schneller und größer als alle bisherigen Schiffe der Seenotretter*innen und könne bis zu 600 Menschen aufnehmen, erzählt Weihe. Das 12 Jahre junge Schiff sei aber vor allem in einem viel besseren Zustand als seine Vorgängerinnen und ist deshalb besser „gerüstet gegen Kriminalisierungsversuche“ vonseiten der Behörden, so Weihe.

Sea-Watch will das neue Schiff als Kampfansage an die neu gewählte rechte Regierung in Italien verstanden wissen. [1][Aktuell werde die Sea-Watch 3 von italienischen Behörden blockiert], weil zu viele Menschen an Bord aufgenommen worden seien und weil das Schiff vermeintliche technische Mängel habe, erzählt die Sprecherin.

Im Hinblick auf die neue rechtspopulistische italienische Regierung bleibt Weihe zuversichtlich: „Salvini ist wieder da, aber auch er muss sich vor Gericht behaupten. Wir gehen davon aus, dass wir auch weiterhin unsere Arbeit machen können, wie wir sie seit sieben Jahren machen. Nach endlosen Kriminalisierungsversuchen wird es uns auch weiterhin geben, bis es uns nicht mehr braucht.“

Der ehemalige Öltanker soll nun in Dänemark und Flensburg zu einem Rettungsschiff umgebaut werden. Zuvor öffnet das Schiff aber noch einmal seine Pforten. Am Wochenende vom 5. und 6. November lädt Sea-Watch zu Schiffsführungen, Lesungen und Konzerten an der Überseebrücke ein.

4 Nov 2022

LINKS

[1] /Sea-Watch-Sprecherin-ueber-Italien-Wahl/!5884154

AUTOREN

Jasper von Römer

TAGS

Italien
Seenotrettung
Sea-Watch
Hamburger Hafen
Giorgia Meloni
Seenotrettung
Geflüchtete
Festung Europa

ARTIKEL ZUM THEMA

Italien und die Seenotrettung: Der schleichende GAU

Italien lässt einige aus Seenot gerettete Flüchtlinge an Land. Ist die rechte Regierung unter Meloni also doch gar nicht so schlimm? Ein Irrtum.

Sea-Watch-Sprecherin über Italien-Wahl: „Wir setzen unsere Arbeit fort“

Sea Watch will es mit Italiens Rechten aufnehmen und weiter Menschen im Mittelmeer retten. Das bekräftigt Sprecherin Mattea Weihe.

Flüchtlinge auf dem Mittelmeer: Notrufe bleiben unbeantwortet

16 Mal verunglückten Flüchtende im August 2022 tödlich auf dem Mittelmeer. Nach wie vor werden Notrufe von europäischen Behörden ignoriert.

Seenotrettung im zentralen Mittelmeer: Augen aufs Meer

Das Mittelmeer ist die tödlichste Grenze der Welt. Hier muss das Versprechen einer wertebasierten Außenpolitik eingelöst werden.