taz.de -- Habeck gelobt Ausbau: Rückenwind für Erneuerbare

Seltene Einigkeit herrschte zwischen Industrie und Minister bei der WindEnergy Hamburg: Es muss alles viel schneller gehen in Deutschland.
Bild: Robert Habeck spricht während der Eröffnung der Messe WindEnergy Hamburg

Hamburg taz | Der Krieg in der Ukraine macht die deutsche Abhängigkeit von ausländischen Energielieferanten offensichtlich. Auf der Fachmesse [1][WindEnergy Hamburg] fordern Branchenvertreter deshalb, dass die erneuerbaren Energien in das Zentrum der politischen Entscheidungsprozesse gerückt werden müssten. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) pflichtet ihnen bei: „Sie sind essenziell, um unabhängiger von Russland zu werden und um die Pariser Klimaziele noch zu erreichen“, so Habeck in seiner Rede.

Für die Windkraft rief er ambitionierte Ziele aus. Bis 2030 sollen Onshore-Windenergieanlagen mit zusammen 115 Gigawatt errichtet werden. Bei Offshoreanlagen sollen es im gleichen Zeitraum 30 Gigawatt werden. Momentan liegt dieser Wert noch bei 8 Gigawatt, also bei nicht einmal einem Drittel. Bis 2045 sollen Offshore-Windkraftanlagen mit einer Leistung von mindestens 70 Gigawatt installiert sein.

Das ließe sich nur mit einem massiven Ausbau von Windanlagen realisieren, so Habeck. Zwei Prozent der Landflächen in Deutschland seien für Windparks reserviert. „Ich bin ehrlich, ich hätte noch viel mehr Flächen für Windparks geschaffen.“ Das Problem seien die Bundesländer, die sich sträuben würden, [2][besonders Bayern]: „Dass da immer noch auf der 10H-Regelung beharrt wird, verstehe ich nicht“, sagt er unter Applaus des Publikums.

Für einen schnelleren Ausbau müssten aber auch die Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. Da sind sich Industrie und Wirtschaftsminister einig. Olaf Scholz schlug vor Kurzem vor, die Genehmigungsverfahren auf sechs Monate zu verkürzen. Das geht selbst den Industrievertretern zu schnell. Sie halten zwölf Monate für angemessener, um reibungslose Verfahren zu ermöglichen.

Offshore soll vor allem in der Nordsee massiv ausgebaut werden. 80 Prozent der von der EU vorgegebenen Energieproduktion durch Offshore-Windparks könnte alleine hier erzeugt werden.

Auch wirtschaftlich sei die Windkraft extrem lukrativ, weil sie im Vergleich zu fossilen Energien billig zu produzieren sei. Außerdem könne sie in den nächsten Jahren Hunderttausende Arbeitsplätze schaffen.

28 Sep 2022

LINKS

[1] https://www.windenergyhamburg.com/
[2] https://www.energieatlas.bayern.de/thema_wind/genehmigung

AUTOREN

Ben Reddig

TAGS

Erneuerbare Energien
Windkraft
Energiekrise
Ökostrom
Ampel-Koalition
Niedersachsen
Schwerpunkt Stadtland
Schwerpunkt Atomkraft
Schwerpunkt Fridays For Future
Erneuerbare Energien

ARTIKEL ZUM THEMA

Wind-an-Land-Gesetz: Deutschlandtempo für die Windkraft?

Am Montag wurde die Umsetzung einer EU-Notfallverordnung beschlossen. Heute tritt das Wind-an-Land-Gesetz in Kraft.

Klimaschutz und Kapitalismus: Scheitern? Muss nicht sein

Es macht sich die Stimmung breit, dass die Energiewende zu langsam ist, um die Klimakatastrophe aufzuhalten. Dabei gibt es Anlass für Optimismus.

Erneuerbare Energien: Windkraft im Aufwind

Der Ausbau der Onshore-Windenergie geht voran. Mecklenburg-Vorpommern entmachtet Landkreise, Schleswig-Holstein und Niedersachsen haben große Pläne.

Windkraft in Deutschland: Lahme Flügel

Windkraft aus komplett deutscher Produktion ist gar nicht möglich. Mit der Schließung des Nordex-Werks in Rostock gibt es nämlich kein Rotorblattwerk mehr.

Schnellere Energiewende in Frankreich: Macron will Rückstand aufholen

Frankreichs erste Offshore-Anlage ist am Netz. Ein Gesetz soll den Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigen. Was wird aus der Atomkraft?

Moralphilosophin über Klimaschutz: „Wir haben die Pflicht zum Handeln“

Einzelne können durch Verzicht auf Treibhausgasemissionen wenig zur Lösung der Klimakrise beitragen, sagt die Moralphilosophin Anna Luisa Lippold.

EEG-Autor zur Strommarktreform: „Meine Grünen müssen hinschauen“

Der frühere Bundestagsabgeordnete Hans-Josef Fell ist einer der Väter des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes. Heute sieht er großen Reformbedarf.