taz.de -- Nachhaltiges Backen in Schweden: Vorbild „Polarbröd“

Während schwedische Großbäckereien unter steigenden Energiepreisen ächzen, versorgt sich „Polarbröd“ selbst. Die Firma hat in Windkraft investiert.
Bild: Mit Windkraft zum „Polarbröd“

Stockholm taz | „Pågen“ und „Polarbröd“ sind zwei der größten schwedischen Brotproduzenten. Beide exportieren etwa ein Fünftel ihrer Produktion in die skandinavischen Nachbarländer, nach Deutschland und Frankreich. Den Export müsse man möglicherweise herunterfahren oder stoppen, kündigte „Pågen“ jetzt an.

Schuld seien [1][die massiv gestiegenen Strompreise,] die es immer schwerer machten, zu konkurrenzfähigen Preisen zu liefern. Die Energiekosten in den Fabriken in Göteborg und Malmö hätten sich seit vergangenem Herbst verfünffacht, berichtete „Pågen“-Chef Carlsson Jendal. Man habe mehrfach die Preise erhöht und müsse das wohl erneut tun.

Konkurrent „Polarbröd“ ist im kleinen nordschwedischen Ort Älvsbyn zu Hause, mitten im Rentierland. Ein Rentier ist das Markenzeichen. Der Familienbetrieb hat vor zehn Jahren einen eigenen Weg eingeschlagen. Anna Borgeryd und ihre Schwester Karin Bodin wollen „die Welt im Rahmen unserer Möglichkeiten besser machen“. Das Ziel ist, gesunde Produkte bei möglichst geringem Ressourceneinsatz zu liefern.

Das Nachhaltigkeitsprinzip gilt von der Rohware und den so weit wie möglich auf Schienentransporte umgestellten Lieferungen bis zur Verwendung aufgearbeiter Computer und Smartphones. Als Erstes investierte der Betrieb Millionen in eigene [2][Windenergieanlagen]. Seit sechs Jahren ist er selbstversorgend. Die Strompreisprobleme der Konkurrenz hat man nicht, und „Polarbröd“-Chef Anders Johansson freut sich, dass das Unternehmen nun als positives Beispiel genannt wird.

Nachdem „Pågen“-Chef Jendal nämlich die schwedische Politik dafür verantwortlich machte, dass sein Unternehmen nicht mit billigem Strom, beispielsweise Atomstrom, versorgt werde, war der energiepolitische Sprecher der Grünen, Lorentz Tovatt, ausgerastet. Er twitterte von einem „fossilgasverliebten Chef“, einer „Schande für die Branche“ und einem „Reichsclown“, der „heult, sobald er kein [3][russisches Gas] mehr bekommt“. Das Ganze gipfelte in einem „Pågen“-Boykottaufruf. Es gebe glücklicherweise Alternativen. Er empfehle „Polarbröd“.

12 Sep 2022

LINKS

[1] /Neue-alte-Diskussion-ueber-Atomkraft/!5868149
[2] /Windradtuerme-aus-nachhaltigem-Material/!5850674
[3] /Gas-Notfallplan-der-Kommission/!5869324

AUTOREN

Reinhard Wolff

TAGS

Schweden
Energie
Strompreis
Windkraft
Verkehrswende
Energiekrise
Schwerpunkt Atomkraft

ARTIKEL ZUM THEMA

Neue Nachtzugverbindung nach Schweden: Premiere mit Hindernissen

Nach fast drei Jahrzehnten gibt es wieder eine ganzjährige Nachtzugverbindung zwischen Deutschland und Schweden. Doch der Start verläuft holprig.

Energiekrise in Skandinavien: Milliardengarantien für Konzerne

Schweden und Finnland wollen mit Liquiditätshilfen den Strommarkt stabilisieren. Dafür werden sogar Parlamentarier aus den Ferien geholt.

Neue alte Diskussion über Atomkraft: Schwedens Angst vor dem Blackout

Die Netzgesellschaft warnt vor Engpässen bei der Stromversorgung. Die Rechtsopposition will auch wieder über eine Zukunft für Atomkraft reden.