taz.de -- Abstimmung der EU-Umweltminister:innen: Verbrenner-Aus könnte kippen

FDP und Grüne streiten über das Ende für Autos mit Verbrennerantrieb. Wie Deutschland beim EU-Umweltministerrat abstimmt, ist offen.
Bild: Fahrn, fahrn, fahrn auf der Autobahn, vielleicht weiterhin mit Verbrenerantrieb

Brüssel/Berlin taz | Der EU-weite Zulassungsstopp für neue Autos mit Verbrennermotor ab 2035 könnte am heutigen Dienstag an Deutschland scheitern. Bei der entscheidenden Abstimmung der EU-Umweltminister:innen in Luxemburg könnte Deutschland querschießen und das Verbrenner-Aus stoppen. EU-Kommission und das [1][Europaparlament haben sich bereits für ein Verkaufsverbot] für Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 ausgesprochen.

Für das Scheitern des Verbots ab 2035 würde schon eine deutsche Enthaltung reichen. Gebraucht wird nämlich eine qualifizierte Mehrheit unter den 27 Mitgliedsländern. Ohne das größte EU-Land würde jedoch die damit verbundene Schwelle von mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung verfehlt, die dem Vorschlag zustimmen müssen. Bisher haben sich Italien, Bulgarien, Rumänien, Portugal und die Slowakei gegen das Verbrenner-Verbot ausgesprochen. Sie fordern mehr Zeit – statt wie geplant 2035 soll das Aus erst 2040 kommen. Allerdings verfügen sie nicht über genügend Stimmanteile, um den Vorschlag zu Fall zu bringen. Dafür brauchen sie Deutschland.

In der Ampelregierung [2][ist ein heftiger Streit darüber entbrannt.] Die FDP will dem Aus nur zustimmen, wenn es [3][Ausnahmen für Fahrzeuge gibt, die nur mit synthetischen Kraftstoffen betankt] werden können. Das will Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) nicht. Bis Redaktionsschluss hatte sich die Regierung auf keine Position geeinigt.

Dass ausgerechnet Europas „Autoland“ den Ausschlag gibt, hat viele in Brüssel überrascht. Schließlich hat sich Berlin immer wieder für das Verbrenner-Aus ausgesprochen. Es gehe hier nicht nur um Klimaschutz, sondern auch um das Prinzip der Technologieoffenheit, sagt die FPD-Politikerin und Vizepräsidentin des Europaparlaments, Nicola Beer. Zur Erreichung der EU-Ziele müssten auch synthetische Kraftstoffe erlaubt werden. Setzt sich die FDP durch und der Vorschlag fällt am Dienstag durch, ist noch nicht aller Tage Abend: Danach müssen sich Rat, Parlament und Kommission noch im sogenannten Trilog einigen. Wenn sich die EU-Staaten auf eine Verschiebung des Verbrenner-Verbots einigen, kann das Parlament dieses wieder kassieren.

28 Jun 2022

LINKS

[1] /Kritik-an-Aus-fuer-Verbrennerautos/!5860116
[2] /Koalitionsstreit-wegen-Verbrennerverbot/!5859861
[3] /Aus-fuer-Verbrenner-Autos/!5856928

AUTOREN

Eric Bonse
Anja Krüger

TAGS

FDP
EU
Schwerpunkt Klimawandel
Bündnis 90/Die Grünen
Auto
Verbrennungsmotoren
EU-Kommission
Verbrennungsmotoren
Auto-Branche
Schwerpunkt Klimawandel

ARTIKEL ZUM THEMA

Abstruse FDP-Idee zum Klimaschutz: Zynisch und unsinnig

Menschen als Tauschware gegen Klimaschutz-Hilfsgelder? So klingt ein Vorschlag vom FDP-Fraktionschef, der aber schon technisch keinen Sinn ergibt.

Verbrennungsmotoren in der EU: Der Pyrrhussieg der FDP

Die Liberalen feiern sich wegen des EU-Kompromisses zur Zukunft der Verbrennungsmotoren. Doch das Ende dieses Antriebs ist nicht mehr aufzuhalten.

Koalitionsstreit wegen Verbrennerverbot: Die FDP hält dagegen

Die Liberalen pochen auf Ausnahmen für Pkw, die nur mit synthetischen Kraftstoffen fahren. Damit könnte das EU-Aus für Verbrenner kippen.

Aus für Verbrenner-Autos: FDP riskiert Koalitionskrach

Die Liberalen stemmen sich gegen das vom EU-Parlament beschlossene Aus für Verbrenner-Pkws. Das dürfte Ärger in der Ampel geben.

Kritik an Aus für Verbrennerautos: „Schlichtweg zu früh“

Autolobbyisten protestieren gegen das EU-Aus für den Verbrennermotor ab 2035. Dafür fehlten die Ladestationen. Klimaschützer sind da optimistischer.