taz.de -- Lage in der Ukraine: Eine menschliche Tragödie

Putin will die Ukraine von der Landkarte tilgen und geht dabei über Leichen. Die Menschen in der Ukraine brauchen jetzt unsere Hilfe und Unterstützung.
Bild: Die Flucht hat begonnen: UkrainerInnen unterwegs Richtung ungarische Grenze

Das Worst-Case-Szenario, das sich viele bislang nicht vorzustellen vermochten oder nicht wahrhaben wollten, ist eingetreten. Russland hat auf breiter Front einen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen. Die Begründung ist irrwitzig und verschlägt einem den Atem: Die Militäroperation diene dazu, den Nachbarn zu „entmilitarisieren und zu denazifizieren“.

Tatsache jedoch ist: Es geht um nichts Geringeres, als die Ukraine – einen Staat, der laut Wladimir Putin keine Existenzberechtigung hat – von der Landkarte zu löschen. Dabei geht der selbst ernannte und von purem Hass getriebene „Befreier“ und Kremlchef über Leichen, wenn es denn der „Wahrheitsfindung“ dient – ob in Mariupol, Odessa, [1][Kiew] oder Lwiw. Schon in den ersten Stunden seit dem Einmarsch russischer Truppen sind viele Tote und Verletzte zu beklagen. Und es braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, was da noch kommen wird. Schon bald könnten es Tausende, wenn nicht Abertausende sein.

Wer jetzt, wie in Brüssel, davon redet, Putin werde einen „hohen Preis zahlen“, sollte vor Scham im Boden versinken. Denn diesen Preis werden, unabhängig von den Entwicklungen der kommenden Stunden und Tage, zuallererst die Menschen in der Ukraine bezahlen, vielleicht sogar mit ihrem Leben. Ein Großteil ist schon jetzt infolge der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim 2014 und Russlands achtjährigem verdeckten Krieg in der Ostukraine nachhaltig traumatisiert: Familien wurden auseinandergerissen, viele Ukrainer*innen haben ihre [2][Heimat] und ihr gesamtes Hab und Gut verloren. Dieses Grauen wird sich jetzt wiederholen.

Wie oft war in den vergangenen Tagen von westlichen Politiker*innen der Satz zu hören, man stehe fest an der Seite Kiews. Jetzt, [3][wo für die Ukraine] alles auf dem Spiel steht, muss das bedeuten: anstatt geostrategischer Schachbrettspiele, bei denen die Menschen nicht oder allenfalls als Statist*innen vorkommen, den Ukrainer*innen maximale Hilfe und Unterstützung zukommen zu lassen.

Alles andere hieße, sich mitschuldig zu machen an dieser menschlichen Tragödie. Denn genau das ist es, was sich gerade vor unseren Augen abspielt. Mitten in Europa.

24 Feb 2022

LINKS

[1] /Nachrichten-zum-Angriff-auf-die-Ukraine/!5837492
[2] /Menschen-fliehen-aus-der-Ukraine/!5837581
[3] /Geschichte-der-Ukraine/!5833851

AUTOREN

Barbara Oertel

TAGS

Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Kyjiw
Lwiw
Donbass
taz на русском языке
Bevölkerung
GNS
IG
Russland
Kolumne Red Flag
Wladimir Putin
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
taz на русском языке
Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine

ARTIKEL ZUM THEMA

Krieg in der Ukraine: Noch mehr Kanonenfutter

Das russische Verteidigungsministerium heuert usbekische Migranten für einen Einsatz in der Ukraine an. Dafür gibt es angeblich einen russischen Pass.

Mitgefühl auf Social Media: Das Leiden anderer betrachten

Wenn Leid im politischen Kontext steht, ist mehr als Empathie gefragt. Sie muss in Taten übersetzt werden.

Angriff auf die Ukraine: Schlacht um Kiew beginnt

Russische Truppen rücken am Freitag in Richtung der ukrainischen Hauptstadt vor. Dort mobilisiert die Bevölkerung zum Straßenkampf.

Krieg in der Ukraine: Nato will Ostflanke verstärken

Große Unruhe im Militärbündnis und Sorge vor weiterer Eskalation: Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine werden Verteidigungspläne aktiviert.

Krieg in der Ukraine: Düstere Perspektiven

Russische Zustände wollen Putin und Lawrow in der Ukraine einführen. Ob die Bevölkerung da mitspielt, steht auf einem anderen Blatt.

Kundgebung für Frieden in der Ukraine: Geschlossen gegen Putin

Demonstration vor dem Generalkonsulat der Russischen Föderation: In Hamburg demonstrieren rund 150 Menschen gegen den Einmarsch in die Ukraine.

Kultur-Stimmen zum Krieg gegen Ukraine: Stoppt die Aggression!

Seit Mittwochnacht greift Russland die Ukraine an. Hier dokumentieren wir Reaktionen von ukrainischen, russischen und deutschen Künstler:Innen.

Menschen fliehen aus der Ukraine: Auf Krieg folgt Flucht

Die östlichen EU-Staaten rechnen mit über 1,5 Millionen Flüchtlingen aus der Ukraine. Deutschland wappnet sich.

Krieg in der Ukraine: Demos für den Frieden

Nach Russlands Attacken auf die Ukraine wollen Menschen in ganz Deutschland auf die Straße gehen. Wo und wann? Eine Übersicht von Berlin bis Wuppertal.