taz.de -- Hamburger Mieten steigen stark: Der ambivalente Mietenspiegel

Hamburgs Mieten haben laut der offiziellen Erhebung kräftig zugelegt. Bremen führt dieses Instrument neu ein und verhandelt über die Ausgestaltung.
Bild: Fließen überproportional in den Mietspiegel ein: Neuvermietungen

Hamburg taz | Die Mieten in Hamburg sind kräftig gestiegen. Wie der qualifizierte Mietenspiegel ausweist, müssen Mieter im Durchschnitt eine Nettokaltmiete von 9,29 Euro pro Quadratmeter zahlen – 7,3 Prozent mehr als vor zwei Jahren. Der Mieterverein zu Hamburg bezeichnete das als „stärksten Anstieg seit 20 Jahren“. Die Stadtentwicklungsbehörde erklärt einen Teil der Entwicklung damit, dass viele neue Verträge abgeschlossen und besonders viele Wohnungen modernisiert worden seien.

Mietspiegel sind im Bürgerlichen Gesetzbuch vorgesehen, aber erst seit einer Gesetzesänderung ab dem 1. Juli 2022 Pflicht für alle Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern. Bremen arbeitet bereits an einem Mietenspiegel, ist aber auch die einzige Stadt in der Größe, die noch keinen hat.

Der Mietspiegel muss von der Kommune gemeinsam mit den Interessenvertretern der Mieter und Vermieter erstellt werden. Darin lässt sich nachlesen, was für die eigene Wohnung je nach Lage, der Baualtersklasse oder Ausstattung üblicherweise verlangt werden darf. Mit diesen offiziellen Vergleichswerten lassen sich Mieterhöhungen sowohl begründen als auch zurückweisen.

Ziel ist, Rechtssicherheit zu schaffen und das aufwendige Beschaffen von Vergleichswohnungen und Gutachten zu erübrigen. Zudem [1][werden Referenzwerte für die Anwendung der Mietpreisbremse] geliefert. Sie schreibt vor, dass die Miete bei Neuvermietungen höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf.

Mietervereine wollen statistische Ausreißer eliminieren

Im Mietenspiegel werden allerdings nur Wohnungen erfasst, die in den vergangenen sechs Jahren neu vermietet oder teurer geworden sind. Dadurch, dass die in der Regel günstigen Bestandsmieten nicht berücksichtigt werden, liefert der Mietenspiegel aus Sicht der Mietervereine ein nach oben verzerrtes Bild. Aus Sicht der Eigentümerverbände liefert er ein Bild der aktuellen Marktlage.

Diese Regel, die auf Bundesebene entschieden wurde, ist bereits ein Kompromiss. Und sie führe in Hamburg zu einem rechnerischen Anteil von 46 Prozent Neuvertragsmieten im Mietenspiegel, sagt Sylvia Sonnemann vom Verein Mieter helfen Mietern.

Sie fordert daher, den Mietenspiegel um einen Teil dieser Neuverträge zu bereinigen, so wie auch ein Teil der Mietverhältnisse der öffentlichen Wohnungsunternehmen und der Genossenschaften als zu günstig herausgerechnet würden. Zudem plädiert Sonnemann dafür, mehr statistische Ausreißer – also extrem überhöhte Mieten – bei der Erhebung zu eliminieren.

Diese Empfehlungen könnte auch das Land Bremen für den Zuschnitt seines Mietspiegels sich zu eigen machen. Kornelia Ahlring vom Mieterverein Bremen hat angekündigt, besonders auf die Einteilung in gute und schlechte Wohnlagen zu achten. „Das wird der große Streitpunkt werden.“

13 Dec 2021

LINKS

[1] /Mieterverein-ueber-Preisbremse-in-Bremen/!5533926

AUTOREN

Gernot Knödler

TAGS

Hamburg
Bremen
Wohnen
Mietspiegel
Mieten Hamburg
Neubau
Mietenwahnsinn
Andrej Holm
Bundestag

ARTIKEL ZUM THEMA

Breite Kritik am Hamburger Mietenspiegel: Ein verzerrtes Bild

Bald soll der neue Hamburger Mietenspiegel erscheinen. Die CDU moniert jedoch die aktuelle Erhebung. Die Linke hält vom Instrument ohnehin nicht viel.

Baupolitik in Berlin und Hamburg: Und die Mieten steigen doch

Mehr Wohnungen lösen das Problem teurer Mieten? Wie Hamburg zeigt, geht die Rechnung nicht auf. Plädoyer gegen ein falsches Dogma.

Besteuerung von teuren Mieten: Vermieter moderat enteignen

Ein neuer Vorschlag, um die VermieterInnen zur Kasse zu bitten – DIW schlägt Mietensteuer vor.

Entwurf der Linken zu Mietendeckel: Der Bundesdeckel

Als erste Partei hat die Linke ein Konzept für einen bundesweiten Mietendeckel vorgelegt. Er soll in Städten mit Wohnungsknappheit gelten.

Sitzungsmarathon im Bundestag: Mietspiegel, Klimaschutz, Raubkunst

In einer 17-stündigen Sitzung hat der Bundestag eine Flut von Gesetzen beschlossen. Das sind die wichtigsten Beschlüsse.