taz.de -- Neue Musik aus Berlin: Viel Platz für Klänge

Erik Wiegang und Michael Fiedler veröffentlichen als Duo „MMM“ mit „On the Edge“ ein gemeinsames Debütalbum im Grenzbereich von Clubmusik.
Bild: Erik Wiegang alias Errorsmith und Michael Fiedler alias Fiedel bilden das Duo „MMM“

MMM. Der Name lässt an Großindustrie denken. Oder an den Versuch, in Konkurrenz mit einer bekannten Marke für zuckerumhüllte Schokolinsen zu treten. Das Akronym „MMM“ steht aber für „Messe der Meister von Morgen“.

So nennt sich das Duo der Berliner Produzenten Erik Wiegang alias Errorsmith und Michael Fiedler alias Fiedel. Wiegand hat sich auch als Programmierer für das Musiksoftwareunternehmen Native Instruments einen Namen gemacht, [1][Fiedler als Resident-DJ des Berghain]. Mit Tracks wie „Donna“ schufen MMM seit den Neunzigern wuchtige Clubhymnen. Ihre gemeinsame Veröffentlichungsliste ist übersichtlich, mit „On the Edge“ erscheint jetzt ihr Debütalbum.

Clubmonster sollte man sich von diesen 40 Minuten „am Rande“ oder „an der Grenze“ eher nicht erwarten. Der Titel ist wörtlich zu nehmen, Wiegand und Fiedler nutzen das Langspielformat, um den Grenzbereich von Clubmusik auszuloten.

Wiegand hat schon solo als Errorsmith sein Interesse an rhythmisch vertrackteren Konstruktionen demonstriert. Hier ist diesmal alles zurückgenommen, die Synkopen weniger hektisch als vielmehr mit ruhigem Atem gesetzt. Überhaupt lassen sie viel Platz für die Klänge.

Ein paar gezielte Basstöne, in der Höhe vereinzelt hallende Synthesizerklänge, beim oberflächlichen Drüberhören könnte man meinen, ist gar nicht viel los. Doch MMM wissen eben nicht bloß, wie man Druck macht, sondern nehmen ebenfalls die Stille zwischen den Klängen ernst. Und da passiert so einiges.

6 Nov 2021

LINKS

[1] /Berghain-DJ-Fiedel-im-Gespraech/!5510993

AUTOREN

Tim Caspar Boehme

TAGS

taz Plan
Kolumne Berlinmusik
elektronische Musik
taz Plan
taz Plan
taz Plan
Film
taz Plan

ARTIKEL ZUM THEMA

Neue Musik aus Berlin: Gebündelte Energien freisetzen

Für sein Album „Three Seconds“ hat das Jazzduo Training den Gitarristen John Dieterich der Indie-Rock-Band Deerhoof eingeladen.

Konzertempfehlungen für Berlin: Musik in 2G-Surround

Überirdisches, Reibungen, Noise-Pioniere und mutwilliges Schiefspielen sind diese Woche in Berliner Konzerten zu erwarten.

Neue Musik aus Berlin: Komposition als spontane Demokratie

Das Trio Accanto widmet sich mit seiner atonalen Kammermusik dem letzten lebenden Vertreter der New York School Christian Wolff.

Wes Andersons „The French Dispatch“: Von allem etwas zu viel

Eine Liebeserklärung an den Magazinjournalismus und eine Hommage an den New Yorker. Die neue Komödie von Wes Anderson.

Konzerttipps für Berlin: Wenn Klang die Richtung wechselt

Den Raum erkunden, die Ferne hören und Neuestes aus Baden-Württemberg in Berlin. Das sind die Musikhighlights der Woche.