taz.de -- Klage gegen Abstandsregel für Windräder: Gegenwind für Söder

Zwei SPD-Politikerinnen klagen in Karlsruhe gegen Bayerns 10H-Abstandsregel für Windräder. Ihr Argument: Sie hemme die Energiewende.
Bild: Für die SPD-Politikerinnen bremse die Söder-Regierung die Windkraft „auf Kosten unserer Kinder“

München taz | Wird Markus Söder auf das Thema Windkraft und die umstrittene bayerische 10H-Regel angesprochen, antwortet er gern, der Freistaat sei nun mal für Windkraft nicht so geeignet und dafür sei man doch an anderer Stelle in Sachen erneuerbare Energien ganz vorne mit dabei.

Die beiden bayerischen Bundestagskandidatinnen Seija Knorr-Köning und Carolin Wagner von der SPD sehen das etwas anders als der Ministerpräsident und legten deshalb jetzt Verfassungsbeschwerde gegen die Regel ein, wonach Windräder in Bayern zur nächsten Wohnbebauung einen Mindestabstand vom Zehnfachen ihrer Höhe halten müssen. Die Regel war 2014 eingeführt worden.

Grundlage für den Gang nach Karlsruhe ist offensichtlich vor allem ein Gutachten, das der Leipziger Umweltrechtsexperte Kurt Faßbender vergangene Woche bei einer Klausurtagung der bayerischen SPD-Landtagsfraktion vorgestellt hat. Darin kommt der Gutachter nach Angaben der Fraktion zu dem Schluss, dass 10H zum einen die Flächenpotenziale für Windkraft um bis zu 97 Prozent einschränke, zum anderen aber auch das Repowering meist verhindere.

Repowering bezeichnet den Austausch alter Windkraftanlagen durch neuere, leistungsfähigere. Dies sei nur noch an bis zu einem Prozent der Standorte möglich. Somit sei die 10H-Regel verfassungswidrig, weil sie entgegen dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März die Reduktion der Treibhausgasemissionen verhindere.

Für die beiden Bundestagskandidatinnen aus München und Regensburg steht fest, dass mit 10H die Energiewende nicht zu schaffen sei. Die Söder-Regierung bremse die Windkraft „auf Kosten unserer Kinder“. Angesichts der angestrebten Klimaneutralität und der Verantwortung für Natur und Umwelt sei die bayerische Regel verfassungswidrig.

Im Bayerischen Landtag will die SPD indes einen Gesetzesentwurf zur Abschaffung der 10H-Regel einbringen. Sollte die Koalition aus Söders CSU und den Freien Wählern, wie zu erwarten ist, den Entwurf ablehnen, prüfe man eine neue Klage vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof. Dort war die Regel 2016 bestätigt worden.

24 Sep 2021

AUTOREN

Dominik Baur

TAGS

Bayern
Schwerpunkt Klimawandel
Windkraft
Klage
Schwerpunkt Korruption
Indigene Kultur
Erneuerbare Energien
Schwerpunkt Artenschutz
Erneuerbare Energien

ARTIKEL ZUM THEMA

Untersuchungsausschuss zu CSU-Affären: Wir hätten da noch 244 Fragen

Im Frühjahr wurde die CSU von unappetitlichen Maskendeals erschüttert. Ein Untersuchungsausschuss soll sie jetzt aufarbeiten – und nicht nur das.

Urteil zu Windkraft in Norwegen: Schützenswerte Rentierzucht

Das Oberste Gericht in Norwegen erklärt zwei Windparks auf dem Gebiet der Samen für unzulässig. Das Urteil kann Folgen für andere Projekte haben.

Deutlich mehr neue Windräder: Reicht aber nicht

2020 war das zweitschwächste Ausbaujahr seit Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Nun geht es zumindest ein Stück weit wieder aufwärts.

Zwischen Windenergie und Artenschutz: Vögel versus Rotoren

Wie lässt sich der Konflikt zwischen Windenergie und Artenschutz lösen? Ex-Staatssekretär Baake und dessen Stiftung machen einen Vorstoß.

Studie zu Erneuerbaren Energien: 0,3 Prozent der Oberfläche reichen

Erneuerbare Energien sind so umfassend verfügbar, dass sie schon heute hundertmal so viel Ertrag bringen können wie der weltweite Energiebedarf.