taz.de -- Auschwitz-Überlebende gestorben: Ein Straßenname für Bejarano

Politiker würdigen das Engagement der Holocaust-Überlebenden als Zeitzeugin. Hamburgs Ex-SPD-Chef bedauert, dass Ehrenbürgerwürde nicht drin war.
Bild: Bis zuletzt als Zeitzeugin auf Podien: Esther Bejarano

Hamburg taz | Der Tod der [1][Auschwitz-Überlebenden Esther Bejarano] am vergangenen Samstag hat eine Vielzahl an Reaktionen hervorgerufen. Politiker aller Bürgerschaftsfraktionen mit Ausnahme der AfD haben Bejaranos Engagement als Zeitzeugin gewürdigt. Die Linke in der Bürgerschaft forderte, „unverzüglich im Gedenken an Esther Bejarano eine Schule, einen Platz oder eine zentrale Straße nach ihr zu benennen“.

Bejarano sei davon überzeugt gewesen, „dass das Wissen um die Vergangenheit notwendig ist, damit wir den besseren Zustand der Gesellschaft als den denken können, in dem wir ohne Angst verschieden sein können“, erklärte SPD-Kultursenator Carsten Brosda mit Berufung auf Theodor Adorno. „Mit ihren oft streitbaren Wortmeldungen hat sie über viele Jahrzehnte wichtige Impulse für Demokratie, Erinnerungskultur und Gleichberechtigung gegeben“, sagte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD).

Bejarano war zuletzt Ehrenpräsidentin der [2][Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA)], deren Verfassungstreue der bayerische Verfassungsschutz wegen Linksradikalität in Zweifel zog. Jüngst setzte sie sich für den Tag des Kriegsendes am 8. Mai als nationalen Feiertag ein.

Möglicherweise waren Bejaranos Wortmeldungen zu streitbar. Denn ihr die Ehrenbürgerwürde zu verleihen – dazu konnte sich die Bürgerschaft und insbesondere auch die SPD dann doch nicht durchringen, wie deren ehemaliger Landeschef Mathias Petersen im [3][Hamburger Abendblatt ] beklagte. Zur Ehrenbürgerin wird man üblicherweise nur zu Lebzeiten ernannt.

Bejarano sei mit einer zweitrangigen Münze abgespeist worden, kritisierte auch der Linken-Abgeordnete Deniz Celik. Der Senat hatte ihre „herausragenden Verdienste“ 2020 mit der Ehrendenkmünze in Gold gewürdigt und ihr bereits 1994 die Biermann-Ratjen-Medaille verliehen. Mathias Petersen schlug vor zu überlegen, „ob wir Bejarano in irgendeiner Form postum ehren können“. Dazu würde die Straßenbenennung passen.

13 Jul 2021

LINKS

[1] /Zum-Tod-von-Esther-Bejarano/!5784797
[2] /Gemeinnuetzigkeit-der-VVN-BdA/!5757331
[3] https://www.abendblatt.de/hamburg/kommunales/article232760315/esther-bejarano-tod-holocaust-eine-schande-frueherer-hamburger-spd-chef-klagt-an.html

AUTOREN

Gernot Knödler

TAGS

Esther Bejarano
Zeitzeugen
Auschwitz
NS-Gedenken
Shoa
Zeitzeugen
Esther Bejarano
Holocaust
Schwerpunkt Tag der Befreiung

ARTIKEL ZUM THEMA

Mitstreiterin über Esther Bejarano: „Sie hat gelernt, sich zu öffnen“

Helga Obens hat in Hamburg einen „Platz der Bücherverbrennung“ initiiert. Sie war auch Vertraute der Auschwitz-Überlebenden Esther Bejarano.

Zeitzeug*innen-Projekt „The Reminder“: „Wir haben Rotz und Wasser geheult“

Die Hamburger Soul-Sängerin Miu startet ein Zeitzeug*innen-Projekt gegen das Vergessen. Dieser Tage erschien der Song „The Reminder“.

Zum Tod von Esther Bejarano: „Wir dürfen nicht schweigen!“

Die Holocaust-Überlebende und Anti-Rechts-Aktivistin Esther Bejarano ist am Samstag im Alter von 96 Jahren gestorben. Ein persönlicher Nachruf.

Hamburger Wintershall-Streit: Opfer sollen selbst verhandeln

Hamburg will keinen Beschluss über den Einzug der NS-belasteten Firma Wintershall ins Gebäude eines Dokumentationsorts. Sondern nur eine Mediation.

Demonstration zum 8. Mai in Berlin: Gedenken und Kampf bis heute

Bis zu 8.000 Menschen feiern in Berlin den Tag der Befreiung vom Faschismus und kritisieren rechtsextreme Strukturen in Polizeibehörden.