taz.de -- Reisen zu Ostern: Ferienfahrt ins Krankenhaus

Rasant steigende Zahlen von Neuinfektionen, die Intensivstationen füllen sich wieder. Jetzt in den Urlaub zu fahren, ist unverantwortlich.
Bild: Viele Reisende werden in den Osterferien vermutlich den Zug nehmen

Was ist dagegen einzuwenden, wenn Familien, Paare oder Einzelne zu Ostern in einer abgelegenen Ferienwohnung nächtigen, ausgedehnte Waldspaziergänge unternehmen und unterwegs in einem Biergarten einkehren, in dem nur jeder vierte Tisch belegt ist? Unter Coronagesichtspunkten: nichts. Nur ist es allerdings nicht zu erwarten ist, dass Millionen Bundesbürger über [1][Ostern] nur durch den Wald laufen. Sie werden Freunde und Verwandte treffen wollen.

Sie werden vor dem Biergarten in Grüppchen zusammenstehen. Sie werden die Bewohner der benachbarten Ferienwohnung einladen, einkaufen gehen, Eis essen, ihren Wagen auftanken, den Bus oder Zug nehmen … Deshalb ist der Wunsch nach einem Osterurlaub zwar verständlich, aber doch eine schlechte Idee. Merkwürdig ist dabei nicht das Verlangen nach Abwechslung und Entspannung nach Monaten des gefühlten Hausarrests. Ebenso verständlich ist es, dass die [2][Gastronomie] wieder ihre Türen aufsperren möchte.

Merkwürdig ist einzig, dass es verantwortliche Politiker gibt, die ernsthaft darüber nachdenken, diesem Begehren nachzugeben, nur weil gerade ein christliches Fest bevorsteht und Reisen nach Mallorca nicht länger unmöglich sind. Denn die Infektionszahlen sinken nicht, sie steigen, und zwar massiv. Die [3][Belegung von Intensivbetten] geht nicht länger zurück, sie erhöht sich. Einzig die Zahl der Covid-Toten ist in jüngster Zeit gesunken, weil viele der ganz Alten mittlerweile geimpft sind.

Aber das kann sich ganz schnell wieder drehen, denn wer 60 oder 65 Jahre alt ist, hat noch kein [4][Impfzentrum] von innen gesehen. Deshalb ist es nicht das Problem, dass die Biergärten in Deutschland geschlossen sind, sondern dass die Hotels auf Mallorca geöffnet haben. In einer solchen Situation die Pandemie auch noch mutwillig zu beschleunigen gleicht dem Versuch, ein Feuer mit Benzin löschen zu wollen, weil es so ein wenig wärmer wird. Das funktioniert garantiert, nur ist das Haus anschließend abgebrannt.

22 Mar 2021

LINKS

[1] /Specht-der-Woche-31032020/!170648/
[2] /Krise-der-Gastronomie-in-der-Provinz/!5729105
[3] /Intensivmediziner-zur-Coronalage/!5756629
[4] /Erste-Corona-Impfungen-in-Berlin/!5736167

AUTOREN

Klaus Hillenbrand

TAGS

Schwerpunkt Coronavirus
Lockdown
Ostern
Reisen
GNS
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Wochenvorschau
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus

ARTIKEL ZUM THEMA

Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: Söder gegen Druck auf Kirchen

Bayerns Ministerpräsident will von Kirchen nicht fordern, Ostermessen abzusagen. Verbände kritisieren die Beschlüsse des Coronagipfels vom Montagabend.

Bund-Länder-Runde zur Coronakrise: „Blitz-Lockdown“ über Ostern

Bund und Länder präsentieren neue Beschlüsse: Über Ostern soll Deutschland stillstehen. Der Lockdown wird verlängert. Eine Homeoffice-Pflicht gibt es nicht.

Die Wochenvorschau für Berlin: Fast(en) auf der Zielgeraden

Die Maßnahmen gegen Corona werden diese Woche bestimmen – wieder mal. Aber es kommen noch andere spannende Zahlen.

Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: Spahn erwägt Einschränkungen

AstraZeneca liefert weniger Impfstoff. Das RKI rät dazu, Ostern im engsten Kreis der Familie zu verbringen. Lauterbach fordert die Rückkehr zum Lockdown.

Folgen der Corona-Maßnahmen: Maximaler Frust in Hotels und Bars

Ein Viertel der Gastronomen steht vor dem wirtschaftlichen Aus, kritisiert der Branchenverband. Er verlangt einen Öffnungsplan und mehr Geld.

Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: Neuinfektionen steigen stark

Das RKI meldet rund 17.00 neue Coronafälle – über 3.000 mehr als noch vor einer Woche. Bei einer Software für Coronatests gab es wohl ein Datenleck.

Datenschützer über digitalen Impfpass: „Kein Ticket ins normale Leben“

Die EU-Kommission glaubt, durch den digitalen Impfpass einen Weg zurück in die Normalität zu finden. Datenschutzexperte Thomas Lohninger widerspricht.