taz.de -- Ermittlungen gegen Sozialsenatorin: Vorwurf der Untreue

Die Staatsanwaltschaft untersucht, ob Elke Breitenbach (Linkspartei), die Chefin des Sozialressorts, Fördergelder widerrechtlich vergab.
Bild: Gegen sie wird wegen angeblicher Untreue ermittelt: Sozialsenatorin Breitenbach (Linkspartei)

Berlin taz | Das stand nicht auf der Tagesordnung: Die Mitglieder des Sozialausschusses saßen noch nicht lange in Raum 113 des Abgeordnetenhauses zusammen oder waren digital zugeschaltet, als sie von Senatorin Elke Breitenbach (Linkspartei) am frühen Donnerstagmorgen Überraschendes hörten: Die Staatsanwaltschaft ermittele wegen Haushaltsuntreue gegen sie und einen ihrer beiden Staatssekretäre, Daniel Tietze. Die Behörde bestätigte gegenüber der taz solche Ermittlungen. Die AfD-Fraktion beansprucht für sich, sie mit einer Strafanzeige in Gang gesetzt zu haben.

Der AfD-Abgeordnete Hanno Bachmann hatte in einem Schreiben vom 5. Oktober 2020 an die Staatsanwaltschaft, das der taz vorliegt, Breitenbach und Tietze Untreue vorgeworfen und Anzeige erstattet. Dabei bezog er sich auf einen Bericht vier Tage zuvor im Tagesspiegel: Demzufolge hatten Senatorin und Staatssekretärin gegen interne Expertise angewiesen, das seit 2017 vom Land finanzierte Flüchtlingshilfeprojekt „Berlin hilft“ im Stadtteilzentrum Steglitz mit 40.000 Euro zu fördern. Der Chef des dafür zuständigen Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten, Alexander Straßmeir, hatte das abgelehnt, weil er eine solche Anweisung für rechtswidrig hielt.

„Die Senatsverwaltung kooperiert umfassend mit der Staatsanwaltschaft“, sagte Breitenbachs Sprecher Stefan Strauß der taz, „unser Ziel ist die vollständige Aufklärung.“ Laut Strauß hat die Sozialverwaltung die 40.000-Euro-Förderung ab Dezember in einer Revision selbst geprüft und inzwischen widerrrufen.

Beim grünen Koalitionspartner will man die weiteren Ermittlungen und den internen Bericht der Sozialverwaltung abwarten. „Es mag sein, dass da vielleicht eine Frist nicht eingehalten wurde, aber Stoff für einen Skandal bietet das nicht“, sagte die Abgeordnete Susanna Kahlefeld der taz, „wir halten die Anzeige für rein politisch motiviert.“

4 Mar 2021

AUTOREN

Stefan Alberti

TAGS

Elke Breitenbach
Untreue
Abgeordnetenhaus
Flüchtlingspolitik
Geflüchtete
Moria
Elke Breitenbach

ARTIKEL ZUM THEMA

Nachruf auf Christian Lüder: Unermüdlicher Helfer und Netzwerker

Der Mitbegründer von „Berlin hilft“ ist tot. Christian Lüder war eine wichtige Stimme der flüchtlingspolitischen Szene, die nun um ihn trauert.

Neue Flüchtlingsunterkünfte: Ein bisschen Zuhause

In Marzahn eröffnet der erste Standort der neuen Unterkünfte für Geflüchtete: Wohnungen statt Heimatmosphäre und Infrastruktur wie eine Kita vor Ort.

Flüchtlinge aus Griechenland in Berlin: Gekommen, um zu bleiben

Berlin nimmt weitere Flüchtlinge aus Griechenland auf. Das Containerdorf auf dem Tempelhofer Feld soll reaktiviert werden.

Berlin will Flüchtlinge aufnehmen: „Wir müssen die Grenzen aufmachen“

Integrationssenatorin Elke Breitenbach (Linke) fordert die Bundesregierung auf, den Menschen an den EU-Grenzen zu helfen. Berlin ist bereit.