taz.de -- Plug-in zu Anschlag in Österreich: Das O-Loch von Wien
Eine inoffizielle Erweiterung für Googles Browser Chrome ersetzt den Namen des Attentäters von Wien mit „Oaschloch“. Gibts das auch für Präsidenten?
Berlin taz | Nach dem [1][Anschlag in der Wiener Innenstadt am Montag], bei dem ein islamistischer Terrorist vier Menschen getötet hat, nannten verschiedene Medien – [2][darunter auch die taz] – den Vornamen des Attentäters und kürzten den Nachnamen ab.
Das ist einerseits wegen der journalistischen Sorgfaltspflicht richtig, um Leser*innen korrekt zu informieren. Auf der anderen Seite warnen Expert*innen seit Längerem davor, dass die Nennung des Namens in einschlägigen Kreisen zur Legendenbildung rund um den Täter und seiner Verherrlichung beitragen kann, schlimmstenfalls sogar Nachahmer*innen für ähnliche Taten motiviert.
Nun hat sich in den sozialen Medien eine alternative Bezeichnung für den Täter durchgesetzt, die ihm ein aufgebrachter Wiener Grantler in der Anschlagnacht [3][aus dem Fenster entgegenschleuderte: „Oaschloch“] und – eher international – „Motherfucker“. Der Ausruf des unbekannten Mannes avancierte zur Parole des Tages in den sozialen Netzwerken – weil er den unverwüstlichen Geist Wiens einfange, das sich von Terroristen nicht spalten lasse, schrieben manche User*innen nach dem Anschlag.
Den Wiener Schmäh [4][nahm der Twitter-User Onatcer zum Anlass], eine bislang inoffizielle Erweiterung für Googles Browser Chrome zu entwickeln, die den Namen des mutmaßlichen Attentäters mit „Oaschloch“ ersetzt. So heißt es mit dem Plug-in in der Überschrift eines Spiegel-Artikels von Dienstagabend „So radikalisierte sich Oaschloch“.
Der Webauftritt der Tagesschau beschreibt den mutmaßlichen Täter in einem Text mit „sein Name wurde mit Oaschloch angegeben“. Was professionelle Medien nicht schreiben, übernimmt nun das Plug-in des Twitter-Users Onatcer.
„Oaschloch“ im Silicon Valley? Versteht nur Bahnhof
Bislang ist die Erweiterung allerdings nur inoffiziell für den Chrome-Browser [5][über ein Skript verfügbar], weil sie noch durch den sogenannten Review Process muss. Der kann zwischen wenigen Stunden bis zu mehreren Wochen dauern. Dabei überprüft der Techkonzern, ob das Plug-in [6][gegen die Gemeinschaftsstandards verstößt], etwa Hassrede oder Aufrufe zur Gewalt fördert.
Denkbar wäre, dass Googles Algorithmen aus dem Silicon Valley mit dem Begriff „Oaschloch“ nicht so richtig etwas anfangen können und ihn freigeben. Bis dahin ist die Installation für User*innen noch recht umständlich.
Ob bald auch ein Plug-in [7][für Präsidenten] kommt, die mit antidemokratischem Verhalten die Gesellschaft spalten?
4 Nov 2020
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