taz.de -- Neue Kohlekraftwerksblöcke in Indonesien: Siemens kann die Kohle nicht lassen
Schon wieder sorgt ein Kohleprojekt von Siemens für Empörung bei Klimaschützer:innen. Fridays for Future kündigt Proteste an.
Berlin taz | Klimaschutzbewegung Fridays for Future kündigt Protest gegen Siemens an: „Wir werden zum Börsengang von Siemens Energy mobilisieren“, sagte Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer der taz. „Mit dieser Geschäftsstrategie, die schlicht nicht kompatibel mit dem Pariser Klimaabkommen ist, sind wir alles andere als einverstanden.“
Schon Anfang des Jahres hatte Fridays for Future [1][groß gegen Siemens protestiert]. Damals ging es darum, dass Siemens an einem Auftrag zur Lieferung von Bahnsignalanlagen festhielt, mit deren Hilfe Kohle aus einer australischen Mine der indischen Adani-Gruppe abtransportiert werden soll.
Jetzt geht es um einen ähnlich gelagerten Fall: Die frisch von Siemens abgespaltene Gesellschaft Siemens Energy will Turbinen an die Kohlekraftwerksblöcke Jawa 9 und 10 auf der indonesischen Insel Java liefern, wie Tagesspiegel Background in der vergangenen Woche zuerst berichtete. Ab 2024 sollen die neuen Anlagen mit zwei Gigawatt Leistung in Betrieb gehen.
„Jawa 9 und 10 werden auf Jahrzehnte unsere Atemluft verschmutzen, die Lebensgrundlagen unserer Gemeinschaften zerstören und den Klimawandel weiter verschlimmern“, sagt Yuyun Indradi, Geschäftsführer der indonesischen Organisation Trend Asia, die gegen die neuen Blöcke kämpft.
Siemens Energy will Kohleausstieg „eingehend prüfen“
Dabei hat Siemens eigentlich hehre Nachhaltigkeitspläne: Bis 2030 will der Konzern klimaneutral werden, wie er schon vor zwei Jahren ankündigte. Die fossile Wirtschaft gehört zum Kerngeschäft von Siemens Energy. Aus der Kohle wolle man aber „perspektivisch aussteigen“, sagte Siemens-Energy-Chef Christian Bruch kürzlich im Interview mit der Süddeutschen Zeitung.
„Ein Team von Siemens Energy wird eingehend prüfen, welche Konsequenzen ein Kohleausstieg für unser Unternehmen, unsere Kunden und unsere Mitarbeiter hätte“, bestätigte ein Unternehmenssprecher der taz.
Für Projekte wie Jawa soll das aber nicht gelten. Die Planungen und Gespräche hätten bereits vor einigen Jahren begonnen, man komme seiner Vertragspflicht nun nach, so ein Siemens-Sprecher.
Peter Grassmann hat dafür Verständnis. Er war lange Manager im Bereich Medizintechnik bei Siemens, später übernahm er die Sanierung von Carl Zeiss – und tritt nun für eine stärkere Werteorientierung der Wirtschaft ein.
Ex-Manager fordert wirksames Nachhaltigkeitsgremium
„Siemens braucht ein Nachhaltigkeitsgremium, das Vetorechte hat und auch mit externen Experten besetzt ist“, sagte Grassmann. Dann komme es nicht mehr zu solchen Vertragsabschlüssen. Die Entscheidung zu Adani etwa war dem internen Nachhaltigkeitsgremium vorgelegt worden. „Aber da saßen eben nur ein paar Siemens-Herren drin und die haben das durchgewunken“, sagte Grassmann.
Noch-Siemens-Chef Joe Kaeser, der künftig dem Aufsichtsrat von Siemens Energy vorstehen soll, bot Anfang des Jahres Luisa Neubauer einen Posten in dem Nachhaltigkeitsgremium für Siemens Energy an. Sie [2][lehnte ab].
Für die Entscheidung, Projekte wie Jawa 9 und 10 zu unterstützen, hat Neubauer –anders als Grassmann – kein Verständnis. „Wenn alle bereits geschlossenen Verträge mit fossilen Unternehmen umgesetzt werden, ist eine globale Erwärmung von mehr als 2 Grad nicht mehr zu verhindern“, so die Klimaschützerin. Dass ein Vertrag bereits geschlossen sei, könne deshalb kein Argument mehr sein.
27 Jul 2020
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