taz.de -- Einigung bei Grundrente: Erfolg mit zwei Haken

Sportlich gesehen ist die Grundrente erst mal ein Erfolg der SPD. Doch gegen Altersarmut wird sie nicht helfen – und das Problem Riester-Rente bleibt.
Bild: Grundrente: Grundsätzlich nicht schlecht, wenn man sich mal ein Eis gönnen kann

Die SPD ist hat sich [1][bei der Grundrente durchgesetzt]. Die Rente wird aus Steuermitteln finanziert und ohne allzu viel Bürokratie überwiesen werden. Wer mehr als 33 Jahre in miesen Jobs gearbeitet hat, bekommt ab 2021 etwas mehr Rente. Das ist sinnvoll. Und weit besser als das, was im Koalitionsvertrag stand.

Sportlich gesehen ist dies erst mal ein Erfolg der SPD, auch wenn er auf krummen Wegen zustande kam. Hubertus Heil und Olaf Scholz hatten voreilig verkündet, mit der Finanztransaktionsteuer und Einsparungen die Rente finanzieren zu können. Beide waren dazu, so CSU-Mann Alexander Dobrindt, „nicht in der Lage“. Man gibt Dobrindt ja ungern recht – aber hier führt kein Weg daran vorbei. Trotzdem ist die Grundrente für die SPD ein Zeichen, dass sich Regieren lohnt. Für [2][die Kernklientel der Partei ist die Rente doppelt wichtig]: materiell und als Gerechtigkeitssymbol.

Alles gut? Es gibt zwei Einschränkungen, die den Erfolg schmälern. Das Problem der heranrollenden Altersarmut ist mit der Grundrente bei Weitem nicht gelöst. Mehr als 300 Milliarden Euro werden jährlich für die Rente ausgegeben, zusätzliche 70 Milliarden Euro für Pensionen. Die Grundrente hat einen Umfang von gut einer Milliarde Euro.

Das Zweite ist die Riester-Rente. Die kostet den Staat jährlich vier Milliarden Euro Zuschüsse. Die Riester-Rente, von der SPD eigenhändig verantwortet, ist der größte Flop des deutschen Rentensystems der letzten Jahrzehnte. Sie ist für den Staat teuer, für die RentnerInnen ineffektiv und nutzt seit gut 15 Jahren vor allem den Versicherungskonzernen, die kreativ staatliche Subventionen in ihre Kassen leiten.

Die SPD will diesen toten Gaul eigentlich endlich begraben. Die Union nicht. Und Olaf Scholz soll nun offenbar im Tausch gegen die Grundrente die Riester-Rente aufmöbeln. Bloß nicht. Man kann nur hoffen, dass das Finanzministerium da Dienst nach Vorschrift macht. Der Deal Riester für immer gegen die übersichtliche Grundrente wäre kein Zeichen dafür, dass die SPD der Union hartnäckig soziale Ziele abtrotzt. Sondern ein Taschenspielertrick.

30 Jun 2020

LINKS

[1] /Bundesregierung-und-Absicherung-im-Alter/!5697667
[2] /Grundrente-im-Bundestag/!5682424

AUTOREN

Stefan Reinecke

TAGS

Grundrente
SPD
Riester-Rente
Olaf Scholz
Riester-Rente
Grundrente
Grundrente
CDU
Grundrente
Grundrente

ARTIKEL ZUM THEMA

Kritik an Riester-Rente: Die Rente ist kein Eichhörnchen

Die Riester-Rente hat den Staat viel Geld gekostet und Konzerne reich gemacht. Gegen Altersarmut hat sie nichts bewirkt.

Bundestag beschließt Grundrente: Von den Niederlanden weit entfernt

Der Bundestag hat die Grundrente beschlossen. Die Sozialdemokraten freuen sich, die anderen Parteien hadern.

Bundesregierung und Absicherung im Alter: Streit um Grundrente beigelegt

Lange haben Union und SPD um die Finanzierung der Grundrente gerungen. Jetzt gibt die CDU nach – das Geld soll vorerst aus dem Bundeshaushalt genommen werden.

CDU-Politikerin über Entbürokratisierung: „Einzelne Reförmchen reichen nicht“

Dafür bin ich nicht zuständig, lautet ein typischer Behördensatz. Nadine Schön fordert einen Radikalumbau von Staat und Verwaltung.

Grundrente im Bundestag: Licht für die im Dunkeln

Putzkräfte, Pfleger und Paketboten könnten von der Grundrente profitieren. Union und SPD bringen das Gesetz nun ins Parlament ein.

Streit um Grundrente: Eine Slapsticknummer

Beim Clinch um die Grundrente hat sich die SPD mal wieder verheddert. Die Union sollte über ihren Schatten springen.