taz.de -- Twitter sperrt QAnon-Konten: Digitale Faust der Macht
Twitter schränkt die Meinungsfreiheit gefährlicher Nutzer ein. Andere Netzwerke sollten sich anschließen. Digitale Gewalt bleibt nicht digital.
Diese Erkenntnis kommt zwar spät, aber immerhin: Falschinformationen und Hasssprache, die im Netz, in Onlinediensten oder sozialen Medien verbreitet werden, sind auch offline eine Gefahr. Das [1][US-Unternehmen Twitter] nennt solche Auswirkungen „Schäden im wirklichen Leben“. Damit begründet der Konzern die Sperre für mehr als 7.000 Konten des rechten Verschwörungsnetzwerks QAnon. Zudem sollen auf Twitter keine Links der Bewegung mehr geteilt werden können und Botschaften nicht in den Empfehlungen oder Trends erscheinen.
Tja, wer hätte das gedacht, dass antisemitische und rechtsradikale Tweets dazu führen, dass Menschen im echten Leben bedroht werden oder dass [2][absurde Informationen über Covid-19] in aggressiven Protesten auf der Straße gegen Coronarestriktionen münden. Tut es aber, auch wenn [3][QAnon-Anhänger:innen von einem irren Konstrukt überzeugt sind], das von einem geheimen Krieg des US-Präsidenten gegen ein mächtiges Netzwerk aus Hollywood-Größen, Politiker:innen oder Wirtschaftsleuten faselt, die dem Satan huldigen und Kinder töten. Was wahnsinnig klingt, ist für viele Onlinenutzer:innen offenbar eine „Wahrheit“, die sie gerne hören.
Die Sperre für solchen Irrsinn ist also mehr als überfällig. Doch so mächtig die sozialen Plattformen auch sind, ihre Nutznießer:innen sind es ebenso. Im Kampf gegen rechte Verschwörungen heißt der Gegner Donald Trump. Wie für kaum einen anderen politischen Influencer und Machthaber ist Twitter die Plattform, um Hasstiraden in die Welt zu blasen.
Wenn in der Summe nun tatsächlich 150.000 rechte Konten deutlich an Reichweite verlieren, trifft dies auch Trump und seinen Wahlkampf. Der Gegenangriff auf den US-Konzern wird wohl nicht ausbleiben. Trotzdem und um den Aufschrei der Zensur sofort abzuwürgen: Ja, Twitter schränkt mit der Aktion die Meinungsfreiheit gefährlicher Verschwörungsanhänger:innen ein. Andere Netzwerke sollten sich anschließen. Digitale Gewalt bleibt eben nicht digital.
22 Jul 2020
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Facebook hat fast 800 Gruppen mit Verbindungen zur rechtsextremen QAnon-Ideologie entfernt. Trump hingegen weiß die Bewegung „zu schätzen“.
QAnon verbreitet Verschwörungstheorien, die antisemitisch sind und Trump unterstützen. Twitter hat nun 7.000 Konten gelöscht, weitere sollen folgen.
Soziale Medien versuchen, die Verbreitung von Coronamythen einzudämmen. Doch die Verschwörungspromis sind schneller.
Handystrahlen übertragen Covid-19 und Chemtrails beeinflussen das Wetter: Ein Querschnitt der beliebtesten Verschwörungstheorien in der Coronakrise.