taz.de -- Regierung in Brasilien: Unfähig, das Land zu regieren
In Brasilien haben mehrere Oppositionsparteien kollektiv den Antrag gestellt, den rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro des Amtes zu entheben.
Berlin/São Paulo epd | Verschiedene Oppositionsparteien haben in Brasilien gemeinsam einen Antrag auf Amtsenthebung von Präsident [1][Jair Bolsonaro] eingereicht. Sie werfen ihm unter anderem Verbrechen im Amt vor, die die Ausbreitung des Coronavirus in Brasilien gefördert und damit Menschenleben riskiert haben, wie die Tageszeitung Estado de São Paulo am Donnerstag (Ortszeit) berichtete.
Außerdem habe Bolsonaro antidemokratische Manifestationen gegen den Kongress und das oberste Gericht unterstützt. Der Antrag auf Amtsenthebung wurde unter anderem von der linksgerichteten Arbeiterpartei (PT) und der PSol sowie weiteren 400 Organisationen und Einzelpersonen der Zivilgesellschaft eingereicht.
Es ist das erste Mal, dass kollektiv ein Antrag auf Amtsenthebung von Bolsonaro gestellt wurde. Andere entsprechende Anträge wurden von einzelnen Abgeordneten eingereicht.
Dem Zeitungsbericht zufolge wurden innerhalb der 17-monatigen Amtszeit von Bolsonaro bislang 32 Anträge auf Amtsenthebung eingereicht. Das sei ein neuer Rekord in der Geschichte Brasiliens, schreibt das Blatt.
Beide Kammern müssten dem Verfahren zustimmen
Alle bislang eingereichten Anträge hatte Parlamentspräsident Rodrigo Maia allerdings nicht zur Beratung zugelassen. Die Vorsitzende der Arbeiterpartei, Gleisi Hoffmann, appellierte an den Parlamentspräsidenten, den aktuellen Antrag beraten zu lassen. „Bolsonaro hat keine politischen, administrativen und menschlichen Fähigkeiten, Brasilien zu regieren“, sagte Hoffmann. Sein Verhalten in der Corona-Pandemie sei eine Gefahr für das ganze Volk.
Allerdings setzt die brasilianische Verfassung hohe Hürden für eine Amtsenthebung. Unter anderem müssen Abgeordnetenhaus und Senat mehrheitlich dafür stimmen, dass ein Amtsenthebungsverfahren überhaupt eingeleitet wird.
Bolsonaro hatte mehrfach öffentlich die Pandemie als „kleine Grippe“ und Inszenierung der Medien bezeichnet und sich den von den Gouverneuren verhängten Quarantäne-Maßnahmen widersetzt. Innerhalb eines Monats haben [2][zwei Gesundheitsminister] im Streit über den Umgang mit der Pandemie die Regierung verlassen.
Dabei steigt die [3][Zahl der Infizierten] in dem südamerikanischen Land dramatisch an. Bislang wurden laut nationaler Statistik rund 290.000 mit Corona Infizierte gemeldet, knapp 20.000 Menschen starben an den Folgen des Virus. Allerdings liegt die Dunkelzimmer vermutlich um ein Vielfaches höher: Brasilien ist eines der Länder weltweit mit der niedrigsten Rate von Tests bezogen auf die Gesamtbevölkerung.
22 May 2020
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