taz.de -- Chefredakteurin in Ägypten festgenommen: Sisi geht gegen KritikerInnen vor
Die Chefin von Mada Masr, Ägyptens letztem kritischen Medium, ist vorrübergehend festgenommen worden. Sie hatte eine prominente Aktivistin interviewt.
Kairo ap/taz | In Ägypten ist die Chefredakteurin der unabhängigen [1][Nachrichtenwebseite Mada Masr] vorübergehend festgenommen worden. Lina Attalah sei abgeführt worden, als sie am Sonntag vor dem Kairoer Tora-Gefängnis die Mutter des inhaftierten [2][Bürgerrechtlers Alaa Abdel Fattah] interviewt habe, teilte Mada Masr mit. Die Strafverfolger verhängten eine Strafe von 2.000 Ägyptischen Pfund (117 Euro) und ordneten ihre Freilassung an.
Zuvor hatte es geheißen, die Chefredakteurin solle am Montag von der Staatsanwaltschaft vernommen werden. Am Sonntagabend teilte Mada Masr mit, Attalah sei wieder frei. Seine Klientin sei beschuldigt worden, eine Militäreinrichtung gefilmt zu haben, sagte Attalahs Anwalt Hassan al-Ashari der Nachrichtenagentur AP. Dabei sei es wahrscheinlich um das Tora-Gefängnis gegangen, welches als militärische Einrichtung gilt.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International nannte die Festnahme eine schockierende Entwicklung. Die Chefredakteurin war bereits im November kurzzeitig festgenommen worden, als Polizisten in die Redaktion eindrangen. Zuvor hatten Sicherheitskräfte Mada Masr-Redakteur Schady Salat festgesetzt.
Die Website ist eine von Hunderten, die die ägyptische Regierung in den vergangenen Jahren blockiert hat. Sie erscheint mit Hilfe von Mirror-Seiten – Duplikaten ihrer eigentlichen Webseite, die auf anderen Servern abgelegt werden. Die Nachrichtenseite hat Investigativgeschichten über den Geheimdienst, das Militär und Präsident Abdel Fattah al-Sisi geschrieben.
Menschenrechtler Abdel Fattah war nach Absitzen einer Haftstrafe im September erneut verhaftet worden und befindet sich seit mehr als einem Monat im Hungerstreik.
18 May 2020
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