taz.de -- Niedrige Teuerungsrate in Corona-Krise: Leider noch kaum Inflation
Die Coronahilfen des Bundes lassen die Preise nicht steigen. Dabei wäre das ein Signal, dass die Krise überwunden ist.
Der deutsche Staat ist nicht kleinlich in der Coronakrise: Auf 1,25 Billionen Euro summieren sich inzwischen die Zuschüsse, Kredite und Garantien, mit denen Beschäftigte und Unternehmen durch die Pandemie gelotst werden sollen. Doch diese Geldschwemme löst auch Ängste aus, dass eine Inflation drohen könnte. Vom Statistischen Bundesamt kam am Donnerstag Entwarnung: [1][Die Geldentwertung liegt im Mai bei geschätzten 0,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat.]
Die Inflation ist also extrem niedrig, was vor allem den fallenden Energiekosten zu verdanken ist: Sie sind um 8,5 Prozent gesunken. Denn der Ölpreis, man erinnert sich, war zwischenzeitlich sogar ins Minus gerutscht und dümpelt jetzt noch immer bei knapp 33 Dollar pro Barrel. Da die Energiekosten aber mehr als 10 Prozent des Warenkorbs ausmachen, der die Inflation misst, wird es statistisch sofort spürbar, wenn die Ölpreise fallen.
Umgekehrt sind nur die Lebensmittel deutlich teurer geworden – um satte 4,5 Prozent. Dieser Anstieg spiegelt zum Teil wider, dass durch die Coronapandemie vielerorts die Ernten und der Transport schwieriger wurden. Ansonsten aber legten die Preise kaum zu.
Die neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen also überdeutlich, dass die Coronahilfen der Bundesregierung keinerlei Inflation auslösen. Dies ist auch nicht verwunderlich. Denn die Milliarden sind ja dazu gedacht, Einnahmen auszugleichen, die sonst weggefallen wären. Die Regierung schöpft zwar Geld, aber es entsteht keine zusätzliche Nachfrage.
Stattdessen ist das Gegenteil richtig: Trotz der Hilfsmilliarden sinken die verfügbaren Einkommen. [2][Kurzarbeiter], zum Beispiel, erhalten derzeit noch 60 oder 67 Prozent ihres normalen Nettolohns. Auch die meisten Unternehmen müssen erleben, dass die staatlichen Maßnahmen knapp reichen, um eine Insolvenz zu verhindern.
Die Inflation wird erst anziehen, wenn die Wirtschaft deutlich wächst. Steigende Preise wären ein Zeichen, dass die Coronakrise überwunden ist. Eine ordentliche Inflation wäre also ein Grund zur Freude – nur leider, leider ist damit nicht zu rechnen.
28 May 2020
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Dänemark hatte einen Plan: Keine staatlichen Coronahilfen für Firmen, die Steueroasen nutzen. Tatsächlich bekamen die aber nicht eine Krone weniger.
Will der Staatskonzern mit der milliardenschweren Coronahilfe des Bundes alte Löcher stopfen? Das fürchten der Bundesrechnungshof und Wettbewerber.
Wie können Staaten die Coronakrise finanziell schultern? Mit einer neuen Geld- und Finanzpolitik, sagt der Ökonom Paul Steinhardt.
Die Grundrente wackelt und Altmaier will weniger Steuern für Firmen. Das droht soziale Ungleichheit zu verstärken.
Die Bundesregierung will den sozialen Schutzschirm ausweiten. Doch um einen Coronazuschlag drücke sie sich, so der Sozialwissenschaftler Stefan Sell.