taz.de -- Globaler Klimastreik: Versiegelte Plakate

Am Freitag findet der fünfte globale Klimastreik statt. Wie macht Fridays for Future unter den aktuellen Beschränkungen weiter?
Bild: Dortmunder Aktivisten sammelten Plakate für den Aktionstag am Freitag in Berlin

Andere haben sicher größere Probleme mit den pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen als Fridays for Future. Was viele in den vergangenen Wochen lernen mussten, war für sie schon Alltag: Sich über [1][Telefonkonferenzen zu organisieren], in Chaträumen abzusprechen, Entscheidungen zu treffen, ohne sich physisch gegenüber zu sitzen. Trotzdem – die Bewegung, die monatelang den Ton im Klimadiskurs angegeben hat, ist fast aus den Nachrichten verschwunden. „Die Menschen verlieren die Klimakrise aus den Augen“, sagt die FFF-Sprecherin Clara Mayer. „Das ist verständlich, aber auch problematisch.“

Zwar versuchen die Schüler*innen, so gut es geht, ihren Protest ins Internet zu verlegen. Bei Instagram, Twitter, Facebook und Youtube erzielen sie große Reichweiten. Sie organisieren Webinare, Online-Vorlesungen und [2][Livestreams].

Aber Menschen, die sich nicht ohnehin für das Thema interessieren, spricht man damit nicht an. „Wir wissen, dass die Straße eine andere Power hat“, sagt Mayer. Doch dort sind die Möglichkeiten beschränkt.

Am Freitag steht die nächste digitale Großaktion an: der fünfte globale Streik, dieses Mal notgedrungen online. Um mitzustreiken reicht es, ein Foto, etwa von einem Protestschild, hochzuladen, und den eigenen Standort auf einer Karte zu markieren. Außerdem soll es ein Programm mit Reden, Musik und Liveschalten geben.

Kunstaktion als Protest

Zumindest in Berlin soll auch eine Aktion im öffentlichen Raum stattfinden: An 30 Standorten konnten Aktivist*innen in den vergangenen Tagen Plakate und Schilder abgeben, die dann infektionsschutzgerecht versiegelt und am Aktionstag „an einem symbolträchtigen Ort“ als Kunstaktion ausgestellt werden sollen.

Schon vor der Coronakrise hatte Fridays for Future damit zu kämpfen, dass das öffentliche Interesse an der Bewegung nachließ. Die Schüler*innen hatten in vielen Städten die wöchentlichen Streiks eingestellt und angefangen, über Neuorientierungen zu sprechen.

Aber auch wenn das Schlimmste irgendwann überstanden ist, der Lockdown aufgehoben und Großveranstaltungen wieder möglich sind – viele Menschen werden mit Sorgen aus der Krise kommen. Monatelange Lohneinbußen, Jobverluste und Schulden dürften sich drängender anfühlen als der Klimawandel. Die Schülerinnen wissen das. „Wir müssen soziale Gerechtigkeit stärker in den Fokus rücken“, sagt die Kölner FFF-Sprecherin Pauline Brünger. Wie genau, sei noch nicht klar, aber mit Gewerkschaften und sozialen Trägern arbeiteten die Aktivist*innen vielerorts schon eng zusammen.

Zwischen der Coronakrise und der Klimakrise sehen sie Parallelen. „Die Menschen, die am stärksten unter den Einschränkungen der Coronapandemie leiden, sind auch die, die am stärksten von den finanziellen und gesundheitlichen Schäden des Klimawandels getroffen werden“, sagt Clara Mayer. Bei den aktuellen [3][Krisenmaßnahmen der Bundesregierung] dürften sich Geschenke an Autokonzerne wie die Abwrackprämie nach der Finanzkrise 2009 nicht wiederholen.

23 Apr 2020

LINKS

[1] /Konferenz-zum-Klimanotstand/!5635133
[2] /Klimaaktivist-ueber-Streik-und-Corona/!5670879
[3] /Wirtschaftshilfen-in-Corona-Krise/!5673848

AUTOREN

Katharina Schipkowski

TAGS

Schwerpunkt Fridays For Future
Protest
Klima
Schwerpunkt Coronavirus
Versammlungsfreiheit
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Klimawandel
Corona Live-Ticker
Schwerpunkt Fridays For Future
Lesestück Recherche und Reportage
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Fridays For Future
tazlab 2012: „Das gute Leben“

ARTIKEL ZUM THEMA

Klimastreik von Fridays for Future: „Die größte Online-Demo“

Fridays for Future hat den globalen Klimastreik am Freitag ins Netz verlegt. Tausende sehen den Livestream. Und es hagelt Posts bei Instagram & Co.

Klimastreik in Krisenzeiten: „Wir können nicht zurück zu normal“

Die Pandemie kommt zur Klimakrise obendrauf, nicht stattdessen. Wie gehen Aktivistinnen weltweit damit um? Drei Protokolle.

+++ Corona News vom 24. April +++: Zehntausende bei Online-Klimastreik

Erstmals fand die mehrstündige Demonstration per Live-Stream statt. Bayern erlaubt Gottesdienste ab dem vierten Mai. Die Nachrichten zum Coronavirus im Live-Ticker.

Klimastreik geht weiter: „Zeigen, dass wir präsent sind“

Haltung zeigen: Beim globalen Klimastreik an diesem Freitag will Fridays for Future Berlin vor allem per sozialen Netzwerken teilnehmen.

Fridays for Future streikt am 24. April: Von der Straße ins Netz

Line Niedeggen sitzt zu Hause und organisiert einen Streik, den es so nicht geben wird. Über den Versuch einer Bewegung, sich ins Netz zu verlegen.

UN-Klimachefin zum 50. Earth Day: „Das Paris-Abkommen ist in Gefahr“

Jahrestag des Umweltschutzes: Die frühere UN-Klimachefin Christiana Figueres fordert angesichts Corona und Klimawandel „sturen Optimismus“.

Pfarrer über Klimaproteste: „Raus aus den Komfortzonen“

Thomas Zeitler ist Pfarrer und aktiv bei Extinction Rebellion. Wie das passt – und warum im Glauben Transformationsenergie liegt.

Klimaaktivist über Streik und Corona: „Krass viele Menschen leiden“

Um Risikogruppen zu schützen, streikt Fridays for Future jetzt online. Wie das geht, erklärt der Berliner Klimaaktivist Lucas Pohl.

Konferenz zum „Klimanotstand“: „Mehr als Symbolpolitik“

Schon 74 Kommunen haben den „Klimanotstand“ ausgerufen. Am Wochenende vernetzten sie sich bei einer Konferenz in Berlin.