taz.de -- Verkehrstote auf deutschen Straßen: Falsche Gelassenheit
3.059 Menschen starben 2019 im Straßenverkehr. Sie wurden nicht Opfer des Schicksals, sondern einer falschen Verkehrspolitik.
Es ist nur auf den ersten Blick eine gute Nachricht: Die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland ist auf einem historischen Tiefstand. Das teilt das Statistische Bundesamt für den Zeitraum Januar bis November 2019 mit. Aber, und das sollte nicht nur die Hinterbliebenen bestürzen: In diesem Zeitraum haben im Straßenverkehr noch immer 3.059 Menschen ihr Leben verloren. Und: Die Zahl der [1][getöteten RadfahrerInnen] ist von 421 auf 426 gestiegen, denn es kommen immer mehr E-Bike-Fahrende um. Mehr als 380.000 Menschen wurden durch Unfälle verletzt.
Man stelle sich vor, so viele Kinder, Männer und Frauen würden innerhalb von elf Monaten durch eine ansteckende Krankheit geschädigt oder gar ums Leben kommen – das Land wäre ein anderes. Schutzmaßnahmen würden den Alltag völlig verändern, vorsichtiges Verhalten würde zur obersten StaatsbürgerInnenpflicht – zu Recht. Auf die schlimmen Folgen des Autoverkehrs dagegen reagieren Gesellschaft und Politik unfassbar gelassen. Der Grund: Im Straßenverkehr zu Schaden zu kommen, wird von den meisten Menschen noch immer als Schicksalsschlag angesehen, der eben nicht zu ändern ist und deshalb hingenommen werden muss.
Aber das ist eine fatale Sichtweise. Unfallopfer sind Folgen einer falschen Verkehrspolitik. Gerade erst haben die Bundesländer die Chance verpasst, BürgerInnen im Straßenverkehr besser zu schützen. Sie haben bei der Novellierung der Straßenverkehrsordnung die Senkung der [2][Höchstgeschwindigkeit] in Orten und auf der [3][Autobahn] abgelehnt. Dabei sind Temposenkungen eine schnelle und billige Maßnahme, für mehr Sicherheit zu sorgen. Nachdem Ende der 1950er Jahre die Höchstgeschwindigkeiten auf 50 Stundenkilometer in Orten und Anfang der 1970er Jahre auf 100 Stundenkilometer auf Landstraßen gesenkt wurde, ist die Zahl der Verkehrstoten drastisch gesunken.
Schärfere Tempolimits alleine reichen zwar nicht, – nötig ist eine Verkehrssicherheitswende mit schützenden Wegen und vor allem weniger Pkw und Lkw. Aber sie wären ein Anfang.[Link auf Beitrag 3999097]
27 Feb 2020
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