taz.de -- Libyen-Konferenz in Berlin: Der Wohlfühl-Gipfel

Der Berliner Libyen-Gipfel wird nicht gleich für Frieden sorgen. Aber immerhin hat er die Krisen in der Region in den Fokus gerückt.
Bild: Putin und Merkel bei der Libyen-Konferenz

Unaufgeregt und aufgeräumt präsentierte Angela Merkel am Sonntagabend die [1][55 Forderungen] des Berliner Gipfels zur Lage in Libyen. Die angereisten 12 Regierungs- und Staatschefs hatten sich bedingungslos hinter die zukünftige Einhaltung des Waffenembargos und weitere Friedensbemühungen gestellt. Dank deutscher Vermittlung ist eine Krise auf die internationale Agenda gerückt, die jahrelang unter ferner liefen gehandelt wurde. Weil Libyen reich ist und die zahlreichen lokalen Konflikte so undurchschaubar scheinen wie die Wege der Schmuggler über die Grenzen der Nachbarländer.

Merkel und Maas konnte ihren prominenten Besucher:innen und den libyschen Kriegsparteien die Aussage entlocken, dass man sich in einem einig sei: Eine militärische Lösung könne es in Libyen nicht geben. Dabei stehen die Namen [2][Erdoğan], Sisi, Putin, aber auch ihre westlichen Gäste für genau das Gegenteil: In Syrien, Westafrika, der Krim, dem Irak oder dem Kaukasus wird wie in Libyen seit Jahren [3][Politik mit Waffengewalt] gemacht. Sicherheit vor Demokratie ist die Devise der Staatengemeinschaft in immer mehr Regionen der Welt

So werden auch die Waffenlieferungen an die libyschen Milizen nicht enden, sondern, eingeschränkt, weitergehen. Auch die Schlacht um Tripolis ist wohl nicht vorbei.

Aber immerhin gibt es nun einen Mechanismus, um diejenigen zur Verantwortung zu ziehen, die für Verbrechen an der Zivilbevölkerung und Migrant:innen verantwortlich sind. Libyen und die angrenzende Sahel-Region dürfen im Berliner Politikbetrieb nun kein Schattendasein mehr spielen. Korrupte Regierungen und radikale Gruppen machen die Region in Verbindung mit Migration zu einer Gefahr für die Nachbarländer wie Tunesien, aber auch füŕ Europa.

Der Wohlfühlgipfel von Berlin war ein erster Schritt in die richtige Richtung. Im nächsten Schritt müssen nun diejenigen zur Verantwortung gezogen werden, die libysche Menschenrechts-Aktivist:innen, Politiker:innen oder Migrant:innen entführen und Waffen schmuggeln. Mit dem Internationalen Strafgerichtshof und dem Sanktionsausschuss der Vereinten Nationen stehen die Mechanismen dafür schon lange zur Verfügung.

20 Jan 2020

LINKS

[1] /Libyen-Konferenz-in-Berlin/!5657669
[2] /Libyen-Konferenz-in-Berlin/!5654765
[3] /Libyen-Konferenz-in-Berlin/!5654783

AUTOREN

Mirco Keilberth

TAGS

Schwerpunkt Libyenkrieg
Milizen in Libyen
Migration
Schwerpunkt Libyenkrieg
Türkei
Tunesien
Schwerpunkt Libyenkrieg
Schwerpunkt Libyenkrieg
Schwerpunkt Libyenkrieg
Schwerpunkt Libyenkrieg
Schwerpunkt Libyenkrieg
Schwerpunkt Libyenkrieg
Schwerpunkt Libyenkrieg

ARTIKEL ZUM THEMA

Chaos in Libyen: Sarradsch will zurücktreten

Der international anerkannte libysche Regierungschef hat angekündigt, seine Macht abzugeben. Berlin plant ein weiteres Treffen zur Schlichtung des Konflikts.

Krieg in Libyen: Auf Söldner-Ticket

In Libyen verlassen sich die Kriegsparteien gerne auf ausländische „Sicherheitsdienstleister“. Russland und die Türkei haben militärisch Partei ergriffen.

Geflüchtete in Tunesien: Der Traum von Europa versandet

Tunesien plant ein Flüchtlingslager nahe der Grenze zu Libyen. Das ist im Sinne der EU, die ihre Grenzauslagerung nach Afrika weiter vorantreibt.

Kämpfe und Waffenflüge: Libyens Krieg geht weiter

Auch nach der Berliner Konferenz wird gekämpft, das Waffenembargo wird gebrochen. UN-Experten haben verdächtige Flugbewegungen registriert.

Linken-Abgeordnete über Libyen: „Ein erster wichtiger Schritt“

Die Linkspartei-Parlamentarierin Sevim Dağdelen bewertet das Berliner Treffen als Erfolg. Aber sie sieht noch etliche ungeklärte Probleme.

Krieg in Libyen: Die Stunde der Vereinfacher

Der Konflikt in Libyen ist kompliziert. Ihn auf Erdöl-Interessen zu reduzieren ist zwar verführerisch, aber Unsinn.

Treffen der EU-Außenminister: Neustart von EU-Marineeinsatz?

Der EU-Außenbeauftragte Borrell will die Mission „Sophia“ vor Libyen wiederbeleben. Soldaten sollen vorerst aber nicht hingeschickt werden.

Libyen-Konferenz in Berlin: Unspektakulärer Durchbruch

Auf dem Berlin-Gipfel wurde ein Weg hin zum Frieden in Libyen skizziert. Man versprach sich einander, die militärische Unterstützung zu beenden.

Libyen-Konferenz in Berlin: Friedenstruppen für Libyen

Eine Befriedung des libyschen Bürgerkriegs wird ohne internationales Zutun kaum möglich sein. Auch die EU ist gefragt.

Libyen-Konferenz in Berlin: 55 Knackpunkte

Putin, Erdoğan und Co. wollen sich auf einen 55-Punkte-Plan einigen. Erst dann sollen die angereisten Widersacher dazugeholt werden.