taz.de -- Abschied von den Staumeldungen: Tschüss, Kamener Kreuz
Der Deutschlandfunk streicht die Staumeldungen. Die hatten ihren ganz eigenen Reiz, wirkten zuletzt aber doch anachronistisch.
Die Staumeldungen im Deutschlandfunk haben eine ganz eigene Wirkung, auch jenseits der Straße. Da sitzt man morgens verschlafen am Frühstückstisch, plötzlich rieseln seltsame Namen ins Bewusstsein. „Zwischen Hamburg-Öjendorf und Dreieck Hamburg-Südost sechs Kilometer stockender Verkehr …“ – „Auf der A3 Kreuz Nürnberg und Nürnberg-Mögeldorf …“ – „A5 in Richtung Frankfurt im Bereich der Anschlussstelle Karlsruhe-Durlach …“
Ungewollt beginnt eine Reise im Kopf. Nürnberg-Mögeldorf, das klingt nach Schweinebraten und Kloß mit Soß. Und wie lange habe ich das Wort „Durlach“ nicht gehört, da war doch das Klassenfest, damals auf dem Turmberg, wir haben gegrillt. Und weiter geht’s: „… sechs Kilometer zwischen Moers-Kapellen und Krefeld-Oppum …“.
Einige Nicht-Orte wie das Kamener Kreuz bei Dortmund haben es dank der Staumeldungen zu überregionaler Berühmtheit gebracht. Die sachliche, gefühlt mehrere Minuten lange Aufzählung hat in ihrer Stupidität [1][auch etwas Beruhigendes].
Und doch wirkte sie zuletzt anachronistisch. Warum sollte man in Zeiten von Fridays for Future und Klimawandel allen Menschen vorbeten, wo sich wie viele Autos gegenseitig den Weg versperren und dabei [2][CO2 in die Luft blasen]? Was für eine Zumutung eigentlich, dass sich auch all jene diesen Sermon anhören sollen, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind oder auf das Rad steigen, um zur Arbeit zu kommen.
Eine folgerichtige Entscheidung also, dass der Deutschlandfunk die Staumeldungen zum Februar abschaffen will, wie kürzlich bekannt gegeben wurde. Es ist auch ein Symbol: Pkw-FahrerInnen haben keinen Vorrang mehr, die Dominanz des Autos als erstrebenswertestes Verkehrsmittel ist gebrochen. Kamener Kreuz, ruhe in Frieden!
11 Jan 2020
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