taz.de -- Ex-FPÖ-Chef Strache in Österreich: Ein Mandat für Oligarchen

Der damalige FPÖ-Chef soll einen sicheren Listenplatz verkauft haben. Die Staatsanwaltschaft verfügt über Fotos einer Tasche mit Bargeld.
Bild: Verstecken zwecklos: Heinz-Christian Strache

Wien taz | Schon wieder Strache! Der ehemalige Vizekanzler und FPÖ-Chef sorgt fast täglich für Kopfschütteln und liefert neue Gründe für seine Partei, ihn auch als einfaches Mitglied auszuschließen. Jetzt geht es um den Vorwurf, er hätte 2013 einen sicheren Listenplatz für ein Nationalratsmandat für 10 Millionen Euro an ukrainische Oligarchen verkauft.

Erhoben wird der Vorwurf vom Lobbyisten Ernst Neumayer, der nach eigener Aussage Heinz-Christian Strache dabei geholfen habe. Die Staatsanwaltschaft verfügt über Fotos einer Sporttasche, aus der dicke Bündel mit 50-Euro-Scheinen lachen. Diese Tasche sei für Strache abgegeben worden, so die Aussage verschiedener Zeugen.

Strache bestreitet. Die Fotos wurden von dessen ehemaligem Leibwächter im Jahr 2013 aufgenommen. Er habe die Tasche im Dienstauto des damaligen Parteichefs entdeckt. Straches Assistentin will sich erinnern können, dass ihr Chef einen Urlaub mit Bargeld bezahlt habe.

Ernst Neumeyer hatte schon 2016 einen Zivilprozess gegen die FPÖ verloren. Er hatte 2 Millionen Euro verlangt, die ihm als Provision versprochen worden seien. Die Richterin hielt seine Darstellung aber für zu abenteuerlich und wies die Klage ab.

Neue Chance, um ans Geld zu kommen

Im Lichte der Enthüllungen über Straches Geschäfte, sein [1][Spesenkonto] und die im [2][Ibiza-Video manifestierten Pläne, osteuropäisches Schwarzgeld für die Partei anzuwerben], rechnet sich Neumayer aber Chancen aus. Er habe 2013 für seinen Freund und stellvertretenden FPÖ-Chef Peter Fichtenbauer und einem ukrainischen Millionär, der in Österreich in Immobilien investierte, vermittelt.

Die ursprüngliche Offerte, ein Mandat für 2 Millionen zu versilbern, habe er auf 10 Millionen hochgetrieben. Nach seiner Aussage im [3][Ö1-“Morgenjournal“] am Montag: zwei für mich, zwei für Strache, zwei für Fichtenbauer und vier für die FPÖ. Das Mandat bekam Thomas Schellenbacher, ein ausgewiesener Vertrauensmann der Oligarchen.

Was die Geschichte plausibel macht, ist der Verzicht mehrerer FPÖ-Kandidaten auf ihr Mandat in zeitlicher Nähe zur Nachnominierung von Schellenbacher. Peter Fichtenbauer weist die von Neumayer erhobenen Vorwürfe entrüstet zurück: „Eine Lüge der Sonderklasse.“

FPÖ-Vize Herbert Kickl hatte vor mehr als einer Woche orakelt, Straches Ausschluss sei „eine Frage von Stunden“. Das Parteischiedsgericht berät aber noch immer und wartet auf eine Stellungnahme des Beschuldigten.

9 Dec 2019

LINKS

[1] /Philippa-Strache-bekommt-kein-FPOe-Mandat/!5632196
[2] /Ibiza-Affaere-vor-der-Aufklaerung/!5643305
[3] https://radiothek.orf.at/oe1/20191209/581950

AUTOREN

Ralf Leonhard

TAGS

Österreich
Heinz-Christian Strache
Ibiza-Affäre
Oligarchen
FPÖ
Österreich
Schwerpunkt Pressefreiheit
Österreich-Ungarn
FPÖ

ARTIKEL ZUM THEMA

Historikerbericht der FPÖ in Österreich: 700 Seiten über „braune Flecken“

Die Rechtspopulisten haben ihren Report zur Parteigeschichte veröffentlicht. Selbstkritik gab es teils zum eigenen Umgang mit dem Bericht.

Ermittlungen wegen Ibiza-Video: Keine Anklage gegen Journalisten

Von der Pressefreiheit gedeckt: Die Staatsanwaltschaft stellt Ermittlungen wegen der Veröffentlichung der Videos ein, die Österreichs Regierung kippten.

Aus für Polizeipferde in Österreich: Ponyzei vorbei

Österreich schafft die Reiterstaffel der Ordnungshüter ab. Das Projekt von Ex-Innenminsiter Kickl scheiterte nach einer Evaluierung.

Der Schatz der FPÖ: Der Mythos Gold

Die FPÖ hat offenbar in einer Pension in Osttirol Goldbarren gebunkert – angeblich, um sich für Tag X zu wappnen. Wieso ausgerechnet Gold?