taz.de -- Emissionsreport der Unep: Völlig falsche Richtung
Der CO2-Ausstoß erreicht mit 55 Milliarden Tonnen einen neuen Rekord. Dabei müsste er jährlich um 2,7 bis 7,6 Prozent sinken, um das Klima zu retten.
Berlin taz | Nur mit einer drastischen und sofortigen Talfahrt der globalen CO2-Emissionen lassen sich nach einem neuen Bericht der UNO die Klimaziele noch erreichen: Zwischen 2020 und 2030 muss der Ausstoß von Treibhausgasen jedes Jahr um 7,6 Prozent reduziert werden, wenn der Klimawandel bis 2100 bei 1,5 Grad Celsius gestoppt werden soll. Und auch bei einem Ziel von 2 Grad müssen es jedes Jahr noch 2,7 Prozent minus sein. Das ist die Kernaussage des [1][„Emissions Gap Report 2019“], den das UN-Umweltprogramm Unep am Dienstag vorstellte.
„Unser kollektives Versagen, frühzeitig und stark auf den Klimawandel zu reagieren, bedeutet, dass wir jetzt tiefe Einschnitte bei den Emissionen machen müssen“, sagte Inger Andersen, Generalsekretärin der Unep, bei der Vorstellung des Berichts. „Die Größe dieser jährlichen Einschnitte mag schockierend sein. Aber wir müssen es versuchen.“
Bisher sind die globalen Emissionen fast immer nur gestiegen, im Schnitt um 1,5 Prozent jährlich. Für eine radikale Trendumkehr sollen laut Pariser Abkommen die Industrienationen vorangehen. Aber von den G20-Ländern, die 78 Prozent der weltweiten Emissionen ausmachen, hätten nur fünf überhaupt ein langfristiges Ziel für Null-Emissionen, darunter Deutschland, Frankreich und Großbritannien.
Insgesamt waren 2018 die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas sowie die Waldzerstörung für umgerechnet 55,3 Milliarden Tonnen CO2 verantwortlich. Für 1,5 Grad müsste diese Menge bis 2020 um 32 Milliarden Tonnen sinken, für das 2-Grad-Ziel immerhin noch um 15 Milliarden Tonnen. Die Anstrengungen zum Klimaschutz müssten verdrei- bis verfünffacht werden, hieß es.
Plus 3,2 Grad bis 2100
Aber auch die Einhaltung der Pariser Ziele – wovon die Länder allesamt weit entfernt sind – brächte laut Unep bis 2100 eine Erwärmung um 3,2 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit. Gut ein Grad davon sind schon erreicht.
Andersen betonte, wie wichtig der Klimagipfel sei, der nächste Woche in Madrid beginnt. Man brauche schnelle CO2-Reduzierungen schon im Jahr 2020 und dann schärfere Klimapläne, um den weitreichenden Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft loszutreten. „Wir müssen die Jahre aufholen, die wir verbummelt haben“, so Andersen, „wenn nicht, wird noch vor 2030 das 1,5-Grad-Ziel nicht erreichbar sein.“
Das wird mit jedem Jahr schwieriger. Gerade hat die Weltbehörde für Meteorologie (WMO) [2][einen neuen Höchststand von Treibhausgasen] verkündet: 2018 ist der Anteil von Kohlendioxid in der Luft auf 407,8 ppm (Teile pro Million) geklettert, auch der Anteil der Treibhausgase Methan und Stickoxid stieg. Insgesamt forcieren diese Gase heute mit 43 Prozent mehr Energie als noch 1990 die Erderwärmung, sagte WMO-Chef Petteri Taalas. Ähnliche CO2-Konzentrationen habe es zuletzt vor 3 bis 5 Millionen Jahren auf der Erde gegeben. „Damals war es 2 bis 3 Grad wärmer, und der Meeresspiegel lag um 10 bis 20 Meter höher“, so Taalas.
26 Nov 2019
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Dieselfahrzeuge aus EU und Deutschland sind veraltet, unsicher und dreckig. Die UN fordern internationale Regeln für den Export ins Ausland.
Wie können Emissionen künftig weltweit gehandelt werden? Vor allem Lizenz-Deals zwischen Staaten, Städten und Firmen stellen eine Hürde dar.
Deutschland erwärmt sich schneller als der globale Durchschnitt. Sind Land, Leute und Natur dafür gewappnet?
Die Stahl-, Chemie- und Zementindustrie liefert Grundstoffe für die Wirtschaft. Sie kann jobverträglich CO2-neutral werden, zeigt eine Studie.
Viele Staaten wollen das Klima retten. Doch ein neuer UN-Bericht zeigt: Ihre Pläne für mehr Kohle, Öl und Gas torpedieren alle Bemühungen.
Die Regierung weigert sich, ein CO2-Budget für Deutschland zu berechnen. Aus gutem Grund: Ihre Pläne sprengen alle Modelle.