taz.de -- Waffenstillstand Israels mit der Hamas?: Vorsichtige Annäherung
Auch wenn es noch nicht bestätigt wurde: Sowohl Israel als auch die Hamas würden von einem Ende Gewalt profitieren. Verlierer wäre Fatah-Chef Abbas.
Es wäre eine schöne Nachricht zum Jahreswechsel. Israel und die islamistische Hamas im Gazastreifen sind Berichten zufolge auf dem [1][Weg zu einer langfristigen Waffenstillstandseinigung]. Vorläufig will keine der beiden Seiten die Berichte bestätigen. Fest steht trotzdem, dass Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu wie die politische Führung der Hamas von einem gegenseitigen Handel profitieren könnten:
[2][Netanjahu kandidiert im März erneut] für das höchste Amt im Land. Und die Hamas könnte gegenüber der Fatah-Führung im Westjordanland punkten, sollte es auch bei den Palästinensern, wie zwischen den Parteien vereinbart, zu Wahlen kommen.
Genau hier fließt der Wermutstropfen auf die grundsätzlich zu begrüßende Annäherung. Denn während die Islamisten, die unverändert die [3][Zerstörung des Judenstaates] in ihrer Charta festhalten, im Rahmen eines Abkommens mit Zigtausenden Einreisegenehmigungen für palästinensische Arbeiter, einer größeren Fischereizone und der Verlegung einer Erdgasleitung belohnt würden, kürzt Israel im Westjordanland das Budget von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas um die Summe, die, wie es heißt, die Palästinensische Autonomiebehörde als Witwen- und Waisenrenten an die Familien von Selbstmordattentätern zahlt.
Aus israelischer Sicht eine verständliche Kürzung, mit der allerdings frühere Abkommen verletzt werden. Problematisch für Abbas ist nicht nur die Tatsache, weniger Geld im Haushalt zu haben. Sondern er muss einmal mehr zusehen, wie die Hamas die Früchte für ihre kompromisslose Haltung gegenüber Israel erntet, und er selbst geht leer aus.
Es ist eine fatale Botschaft, dass Israel nur mit Gewalt zu Kompromissen zu zwingen ist. Trotzdem ist eine Waffenstillstandseinigung mit dem Gazastreifen lange überfällig. Das Ziel der Israelis, die israelischen Ortschaften im Umfeld von Gaza sicherer zu machen, und das Ziel der Palästinenser, die Lebensumstände für die Palästinenser in der Enklave zu verbessern, ist nur zu erreichen, wenn die Konfliktparteien endlich aufeinander zugehen.
30 Dec 2019
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Israels Premier steht vor einer Anklage. Jetzt will er die Strafverfolgung verhindern – oder zumindest aufschieben. Das stößt auf heftige Kritik.
Israel soll eine Waffenruhe mit der im Gazastreifen regierenden Terrororganisation erwägen. Der Deal wäre mehr Freizügigkeit gegen weniger Angriffe.
Nach der Gewalt der letzten Tage scheint eine Waffenruhe zu halten. Der Schlagabtausch legt Kräfteverschiebungen in Gaza offen.
Israels Regierungschef kämpft ums politische Überleben. Für die Palästinenser spielt es indes kaum eine Rolle, wer die Wahl kommende Woche gewinnt.