taz.de -- Stellenabbau bei Audi: Trübe Aussichten
Ein radikaler Sparkurs soll Audi aus der Krise helfen. Bis 2025 will der Konzern in Deutschland 9.500 Stellen streichen, jeden sechsten Arbeitsplatz.
Berlin dpa/taz | Bei der Volkswagen-Tochter Audi sollen bis zum Jahr 2025 rund 7.500 der 61.000 Arbeitsplätze in Deutschland wegfallen. Erreicht werden soll dieser Stellenabbau durch natürliche Altersfluktuation und Vorruhestandsprogramme, teilte das Unternehmen am Dienstag mit. Betriebsbedingte Kündigungen sind bis 2029 ausgeschlossen. Insgesamt entfallen im klassischen Automobilbau sogar 9.500 Stellen; gleichzeitig sollen aber 2.000 Spezialisten für E-Mobilität und andere Zukunftsfelder neu eingestellt werden.
Audi ist seit der Aufdeckung des Dieselskandals 2015, der das [1][Unternehmen Milliarden kostete], auf Talfahrt und deutlich hinter die Konkurrenten Daimler und BMW zurückgefallen. Deswegen sind die beiden Werke in Ingolstadt und vor allem in Neckarsulm seit Langem nicht ausgelastet. Audi und der Betriebsrat hatten darum seit Längerem über einen Zukunftspakt verhandelt.
Der nun vereinbarte Stellenabbau dient zum einen dazu, die Mitarbeiterzahl an die geringere Produktion anzupassen. Zum anderen sollen laut Unternehmensmitteilung bis 2029 insgesamt Kosten von 6 Milliarden Euro gespart werden, um die Rendite bei 9 bis 11 Prozent zu halten und zudem in die Elektrifizierung und Digitalisierung der Flotte zu investieren.
Arbeitnehmer sind Leidtragende
Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Audi, Peter Mosch, lobte die Vereinbarung als wichtigen Meilenstein und betonte: „Die Arbeitsplätze der Stammbelegschaft sind sicher.“ Politiker von Linken und Grünen kritisierten dagegen das [2][Vorgehen des Unternehmens]. „Viel zu lange hat die deutsche Automobilindustrie unter tätiger Mithilfe diverser CSU-Verkehrsminister den Strukturwandel verschlafen und bekämpft“, schrieb Dieter Janecek, Wirtschaftsexperte der Grünen im Bundestag, auf Twitter. „Leidtragende sind die Arbeitnehmer.“
Auch der Linken-Vorsitzende Bernd Riexinger sieht die Schuld bei der Unternehmensführung: „Den Betrug mit dem Dieselskandal der Audi-Spitze sollen jetzt die Beschäftigten zahlen“, kritisierte er. CSU-Generalsekretär Markus Blume sieht die Verantwortung für den Stellenabbau dagegen bei der Politik: „Das ständige Auto-Bashing ist ein echter Job-Killer“, erklärte er. „Alle, die weiter mit Verboten jonglieren und unsere Leitindustrie schlechtreden, riskieren die Jobs vieler fleißiger Arbeitnehmer.“ Die AfD machte die „wirtschaftsfeindlich ausgerichtete Politik der EU“ für die Krise verantwortlich.
Unmittelbare negative Folgen für die derzeitigen Beschäftigten hat der Beschluss nicht. Im Gegenteil: Durch die vom Betriebsrat durchgesetzte Jobgarantie sind ihre Arbeitsplätze für die nächsten 10 Jahre sicher. Junge Leute werden es in Neckarsulm und Ingolstadt in den nächsten Jahren aber schwerer haben, bei Audi anzuheuern, denn Neueinstellungen wird es in geringerer Zahl und vor allem für höher qualifizierte Bewerber geben.
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26 Nov 2019
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