taz.de -- Mutterschaft über 40: Es gibt keine zu alten Mütter
Die Geburtenhäufigkeit bei älteren Müttern steigt. Was gesellschaftlich noch immer tabuisiert wird, ist ein Grund zur Freude.
Carla Bruni war 43 Jahre jung, als sie ein Kind bekam, Cherie Blair 45 und Gianna Nannini 54: Dass Frauen über 40 gebären, liegt im Trend. Und deutsche Frauen schließen auf. Die Zahl der hiesigen Mütter, die bei der [1][Geburt] ihres Kindes 40 Jahre und älter sind, habe „auffällig“ zugenommen, so das Statistische Bundesamt diese Woche. Mit 88 Babys pro 1.000 Frauen hat sich diese Zahl im Vergleich zu 1990 sogar vervierfacht.
[2][Gefahr, Gefahr, raunt es gern], kaum dass gebärende Frauen selbst dem Kindesalter entwachsen sind. Risikoschwangerschaft ab 35, Fehlgeburt, Fruchtwasserembolie? Gemach. Das biologische Alter ist ein Faktor für die Gesundheit von Mutter und Kind, aber längst nicht der wichtigste.
Ausschlaggebender für eine komplikationslos verlaufende Schwangerschaft ist vielmehr der allgemeine Gesundheitszustand. Eine sportliche 40-Jährige, die sich gesund ernährt, hat ein geringeres Risiko als eine 25-Jährige, die wenig schläft, raucht und dem Alkohol zugetan ist.
Auch bei einer sozialen Betrachtung toppt das Alter die Jugend. Das [3][Max-Planck-Institut] in Rostock untersucht seit Jahren den Einfluss des Alters einer Mutter auf die Entwicklung des Kindes. In einer 2016 veröffentlichten Studie fanden die ForscherInnen heraus, dass Kinder von älteren Müttern nicht nur fitter und größer, sondern auch gebildeter und erfolgreicher sind als der Nachwuchs jüngerer Frauen.
Das ist kein Wunder: Frauen in mittleren Jahren sind beruflich angekommen, verdienen im Schnitt besser und sind der Weisheit ein Stück näher. Sie wissen, was sie wollen – und wenn das ein Kind ist, können sie die Freude darüber genießen, wenn es klappt.
Das gesellschaftliche Geraune beruht also weniger auf biologischen Tatsachen denn auf Tabus. Wie alles, [4][was Frauen tun oder lassen, wird auch Mutterschaft streng überwacht und kritisiert]. Ist die Frau zu jung, hat „das Flittchen“ nicht aufgepasst, ist sie zu alt, ist der Aufschrei groß: Die egoistische Oma, was fällt der ein! Anstatt Frauen einfach selbst entscheiden zu lassen, wann für sie das richtige Alter ist, ein Kind zu bekommen und zu erziehen.
Peter Maffay war übrigens 69, Ron Wood 71 und Musikproduzent Jack White 78 Jahre alt, als sie Vater wurden. Mütter der Welt, da ist noch Luft nach oben.
6 Sep 2019
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Ein adoptiertes Kind, das nie richtig in die Gesellschaft passt. Eine Mutter, die sich schuldig fühlt. Und nach drei Jahrzehnten endlich die Diagnose: Fetales Alkoholsyndrom.
Wie mütterlich kann Feminismus sein? Irene Stoehr hat ihr Leben der Frauenbewegung gewidmet und eckt an, wenn es denn sein muss.
Verhütungsmittel sind knapp in Venezuela, Die Zahl der ungewollten Schwangerschaften steigt. Für viele junge Frauen ist das oft lebensgefährlich.
In einer heteronormativen Welt ist es eigentlich selbstverständlich, ein Kind zu bekommen. Für eine trans Frau aber ist es fast unmöglich.