taz.de -- Schiff der Seenotretter ist frei: Sea Watch darf wieder retten
Italiens Behörden hatten das Rettungsschiff der deutschen Hilfsorganisation beschlagnahmt. Nun kann es in den Einsatz zurückkehren.
Rom dpa | Das Rettungsschiff der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch ist in Italien wieder frei. [1][Die Organisation twitterte] am Samstag: „Gerade haben wir die offizielle Nachricht erhalten, dass unser Schiff nicht länger konfisziert ist und in den Einsatz zurückkehren kann.“
Das Schiff „Sea-Watch 3“ hatte Mitte Mai vor der Küste Libyens 65 Migranten gerettet. Italiens rechtspopulistischer Innenminister Matteo Salvini hatte sich zwar dagegen gewehrt, dass die Geflüchteten an Land durften. Sie konnten [2][später jedoch in Lampedusa aussteigen]. Das Schiff wurde beschlagnahmt und im Hafen von Licata auf Sizilien festgesetzt.
„Zum Glück zählt für die italienische Justiz die eigene Verfassung mehr als ein twitternder Minister“, sagte Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf Salvini. Das Schiff sei frei, weil „festgestellt wurde, dass wir uns an alle Gesetze gehalten haben“.
Die Staatsanwaltschaft in Agrigent hatte gegen den italienischen Kapitän Ermittlungen wegen des Vorwurfs der Begünstigung von illegaler Einwanderung aufgenommen. Es sei noch unklar, was mit diesen Ermittlungen nun sei, sagte Neugebauer. „Wir sind aber überzeugt, dass er (der Kapitän) alles richtig gemacht hat und dass es zu keinem Verfahren kommen wird.“
Am Sonntag wollte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, nach Licata reisen und dort auch die Seenotretter der Sea-Watch treffen. Vor der Reise hatte Bedford-Strohm erklärt: Menschen ertrinken lassen oder in die Lager Libyens zurückschicken, das könne keine Option für Europa sein.
Seit dem Amtsantritt der populistischen Regierung in Rom vor einem Jahr wurden [3][immer wieder Seenotretter auf dem Meer blockiert] und deren Schiffe beschlagnahmt. Die meisten Schiffe wurden danach wieder freigegeben – haben aber ihre Mission teils aufgegeben.
Italien wehrt sich gegen die Aufnahme von Migranten und hat die Seenotrettung weitestgehend eingestellt. Das Land pocht darauf, dass die Migranten innerhalb der EU verteilt werden. Besonders umstritten ist, dass Italien und die EU die libysche Küstenwache darin unterstützen, Migranten zurück in das Bürgerkriegsland zu bringen. Hunderte Menschen sind bei der Überfahrt über das Mittelmeer in diesem Jahr bereits gestorben.
Am Wochenende fuhr ein Schiff der italienischen Marine mit geretteten Migranten in Richtung Genua. Salvini erklärte, „keiner der Migranten (…) wird den Italienern zur Last fallen“. Sie würden vielmehr auf fünf andere europäische Länder und den Vatikan aufgeteilt.
2 Jun 2019
LINKS
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Vor Nordafrika retten Freiwillige Geflüchtete vor dem Ertrinken. Auch mit Traumatisierungen müssen die HelferInnen einen Umgang finden.
Martin Ernst arbeitet ehrenamtlich auf dem Mittelmeer und hat Tausende vor dem Ertrinken gerettet. Er wünscht, seine Einsätze würden überflüssig.
Für die #Yachtfleet-Demo trainieren die Crews, zusammenzuarbeiten und auch Menschen zu retten. Wann sie aufbrechen, ist noch unklar.
Ein ägyptisches Schiff hatte 75 Flüchtlinge im Mittelmeer aufgenommen. Seit nun schon zehn Tagen darf es nicht in Tunesien anlegen.
30 Leute sind Teil der Yachtfleet, einer Segel-Demo für Seenotrettung auf dem Mittelmeer. Heute lernt die Crew sich kennen.
Die 65 aus Seenot Geretteten sind nun in Italien auf Lampedusa. Das Rettungsschiff wurde beschlagnahmt, Innenminister Salvini tobt.
Aktivisten der Bewegung „Seebrücke“ verpassen dem Wahrzeichen in der Spree eine Rettungsweste. Sie fordern sichere Fluchtwege in die EU.
Claus-Peter Reisch muss nach der Seenotrettung aus dem Mittelmeer 10.000 Euro spenden. Das Urteil wiegt schwerer als die Geldstrafe.