taz.de -- Nach Visumentzug für Palästinenserin: Rasmea Odeh bleibt in Deutschland

Die 1970 als Terroristin Verurteilte Odeh darf sich nicht mehr politisch äußern und soll ausreisen. Dagegen wehrt sie sich, hat Berlin aber nicht verlassen.
Bild: Steht „zumindest im Verdacht, antisemitische Ressentiments“ zu verbreiten: Rasmea Odeh

Berlin taz | Der Streit über die Palästinenserin Rasmea Odeh, die sich derzeit in Berlin aufhält, geht in die nächste Instanz. Dass ihr das Land Berlin das Visum entzogen hat, war rechtens, entschied das Verwaltungsgericht des Landes am Freitag. Nun beschäftigt sich das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit dem Fall.

Odeh, die für einen Anschlag im Jahr 1969 von einem israelischen Militärgericht verurteilt wurde, wollte Mitte März einen Vortrag in Berlin zum Thema „Palästinensische Frauen im Befreiungskampf“ halten. Auf Druck der israelischen und der US-amerikanischen Regierung, des Zentralrats der Juden und anderer Organisationen [1][entzog die Berliner Ausländerbehörde] der jordanischen Staatsbürgerin das Visum. Auch darf sich die 72-Jährige in Berlin nicht mehr politisch äußern. Bis vergangenen Freitag sollte sie darüber hinaus Deutschland verlassen haben.

Diese Frist ist verstrichen, doch hält sich Odeh nach Angaben ihrer Anwältin Nadija Samour weiter in Berlin auf. Nun droht ihr die Abschiebung. „Wir hoffen, dass die Ausländerbehörde von Zwangsmaßnahmen absieht“, sagt Samour. „Frau Odeh hat die Absicht, das Land freiwillig zu verlassen.“ Einen genauen Zeitpunkt wollte die Anwältin unter Verweis auf das laufende Verfahren nicht nennen. „Wir sind weiterhin der Ansicht, dass die Annahme, von Frau Odeh gehe eine Gefahr aus, absurd ist.“

Mit „erheblichen Gefahren für die Gesellschaft“ hatte die Ausländerbehörde den Visumentzug begründet. In dem Schreiben hieß es, Odeh plane, bei einer „Veranstaltung des antisemitischen Bündnisses BDS [„Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen“; d. Red.] aufzutreten.“ Es sei zu befürchten, dass sie „gegen Personen jüdischen Glaubens zum Hass“ aufstacheln werde. Allein durch ihre Anwesenheit schaffe sie „ein Klima, in dem es gut sei, dass Juden sterben, mithin ein Klima von Hass und Mordlust“.

Auf diese Einschätzung berief sich das Verwaltungsgericht Berlin am Freitag. Bei der Beurteilung komme der Ausländerbehörde ein „weiter Beurteilungsspielraum“ zu, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüft werden dürfe. Die Einschätzung, hieß es, sei angesichts des „zweifelhaften Lebenslaufs“ der Betroffenen zumindest „nicht offensichtlich fehlerhaft“.

Bei ihrer Entscheidung habe die Ausländerbehörde darüber hinaus auch die öffentlichen Reaktionen auf den Aufenthalt von Odeh berücksichtigen dürfen, „die zumindest im Verdacht stehe, antisemitischen Ressentiments Vorschub zu leisten“. Mehrere Zeitungen hatten über das Thema berichtet. Zu Protesten, die die öffentliche Ordnung hätten gefährden können, war es allerdings nicht gekommen.

Odeh wurde 1970 von einem Militärgericht unter anderem für die Beteiligung an einem Terroranschlag in einem Jerusalemer Supermarkt verurteilt, bei dem zwei Menschen getötet und neun verletzt wurden. 1979 kam sie im Zuge eines Gefangenenaustauschs vorzeitig frei. Anschließend gab Odeh an, in Haft gefoltert worden zu sein, und widerrief ihr Geständnis, die Bombe in dem Supermarkt platziert zu haben.

24 Mar 2019

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Jannis Hagmann

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