taz.de -- Dauerstreit um Familiengeld: Bund und Bayern einigen sich

Das Bundessozialministerium wollte Familien, die Hartz-IV beziehen kein Familiengeld zahlen. Bayern schon. Nun scheint der erbitterte Streit beigelegt.
Bild: Ab sofort bekommen alle Familien in Bayern das Familiengeld, auch wenn sie Hartz-IV beziehen

München dpa/taz | Im Dauerstreit um [1][Familiengeldzahlungen für bayerische Hartz-IV-Empfänger] haben sich der Bund und der Freistaat geeinigt. „Wir haben jetzt einen Kompromiss, mit dem wir beide gut leben können“, sagte Bayerns Sozialministerin Kerstin Schreyer (CSU) am Freitag der Deutschen Presse-Agentur in München. Der Kompromiss sieht eine Präzisierung im Gesetzestext für das Familiengeld vor, so dass die Auszahlung dem Zweck einer „förderlichen frühkindlichen Bestreuung des Kindes“ zugeordnet wird.

Bayern zahlt seit Anfang September 2018 Eltern von Kindern im zweiten und dritten Lebensjahr 250 Euro pro Monat und Kind, ab dem dritten Kind sind es 300 Euro. Der Streit ging darum, ob das Familiengeld auf Grundsicherung angerechnet wird. Nach dem Sozialgesetzbuch II müssen Behörden zusätzliches Einkommen mit Hartz-IV-Zahlungen verrechnen. Für Familien, die Hartz-IV beziehen hätte das eine Kürzung von monatlich 250 Euro pro Kind im Alter von 13 bis 36 Monaten.

Das zumindest war die Position des SPD-geführten Bundessozialministerium. Es entbrannte ein erbitterter Streit zwischen dem Bund und dem Freistaat und fühte dazu, dass in Bayern zwei unterschiedliche Regelungen galten. Je nachdem in welcher, bekamen Eltern, die von Hartz IV leben, zusätzliches Familiengeld oder nicht. In den sogenannten Optionskommunen – [2][wie zum Beispiel Ingolstadt], Schweinfurt oder Erlangen hat der Bund keinen Zugriff und damit auch schon vorher nicht auf die Höhe des ausgezahlten Hartz-IV-Satzes bzw. Familiengeldes. Mit der neuen Einigung erhalten nun alle Familien in Bayern das besagte Familiengeld.

Der Streit zwischen der bayrischen CSU-Landesregierung und dem SPD-Bundesarbeitsminister [3][erinnert an einen alten Konflikt]: Bis zum Jahre 2011 wurde das staatliche Elterngeld und zuvor auch das sogenannte Erziehungsgeld nicht oder nicht voll auf Hartz-IV-Leistungen beziehungsweise die frühere Sozialhilfe angerechnet. Eine Alleinerziehende konnte noch zu Zeiten des Erziehungsgeldes bis zu zwei Jahre lang monatlich 300 Euro Erziehungsgeld zusätzlich zur Grundsicherung für sich und ihr Kind beziehen. Dies wurde dann im Rahmen der Spargesetze gekippt.

Für den aktuellen Kompromiss mit Bayern verzichtet der Bund im Gegenzug ab sofort bei Neuanträgen auf die Anrechnung des Familiengeldes auf Hartz-IV-Zahlungen und hat sich zudem bereit erklärt, schon angerechnete und damit einbehaltene Zahlungen zurückzuerstatten. Dies könne laut Schreyer aber erst nach der Verabschiedung der Gesetzesnovelle im bayerischen Landtag erfolgen. Wann das passiert, ist noch offen. Am kommenden Dienstag will zunächst das Kabinett den Änderungen zustimmen.

1 Feb 2019

LINKS

[1] /Markus-Soeders-Wahlkampf-in-Bayern/!5500070
[2] /Hartz-IV-und-Familiengeld/!5533859
[3] /Debatte-CDU-Familienpolitik/!5423430

TAGS

Bayern
Bundesregierung
Hartz IV
Lesestück Interview
Hartz IV
Hubertus Heil
Bayern

ARTIKEL ZUM THEMA

SPD-Politiker über Hartz IV: „Es ist falsch, am Minimum zu kürzen“

Die Sanktionen bei Hartz IV sollten abgeschafft und das Arbeitslosengeld I auf vier Jahre verlängert werden. Das fordert NRWs SPD-Chef Sebastian Hartmann.

Hartz IV und Familiengeld: Besser leben in Ingolstadt

In bestimmten Kommunen in Bayern wird das neue Familiengeld nicht auf Hartz IV angerechnet. Die Frage ist nur, wie lange das gut geht.

Streit um bayerisches Familiengeld: SPD-Minister bremst Hilfe aus

Bayern wollte Familien mit kleinen Kindern ein Familiengeld zahlen, das nicht auf Hartz-IV angerechnet wird. Arbeitsminister Heil gefiel das nicht.

Streit um Bayerns Familiengeld: Heil erteilt Landesregierung Absage

Der Streit um das geplante bayerische Familiengeld eskaliert. Der Bundessozialminister besteht darauf, dass das Geld bei Hartz-IV-Empfängern angerechnet wird.