taz.de -- Ausstellungsempfehlung für Berlin: Dasein, Licht und digitale Puschel

Keine Ausstellung bei der Transmediale, dafür viele Gefühle in einer Performances-Reihe. Die taz sprach mit demjenigen, der das Programm visuell vermittelt.
Bild: Eröffnung der Transmediale 2019 in einem rosa erleuchteten HKW

Es wird eine phänomenologische Transmediale werden. Manuel Bürger (s.u.) kommentiert das diesjährige, auf Sensuelles und Effekt ausgerichtete Programm des eigentlich für seine Hacker-Kunst bekannten Festivals schon augenzwinkernd mit einem flauschigen Puschel, den er dem Transmediale Logo übergezogen hat.

Denn es geht dieses Jahr um Gefühle und ihre gesellschaftliche Wirkung. In einer digitalisierten Welt mit ihren großen Fakes vielleicht das einzige Überbleibsel von Echtheit. Deswegen gibt es keine Ausstellung, sondern so etwas wie eine Hintereinanderreihung sensueller Ereignisse.

Ebba Fransén Waldhör wird dafür an den vier Tagen das nachkriegsmoderne Gebäude des Haus der Kulturen der Welt mit Lichtinstallationen in ein tiefes Pink und Rot tönen. Immateriell aber fühlbar wird Waldhörs Lichtarchitektur sein, in der über das Festival hinweg neun Acts wie Wika Kirchenbauer mit einem affektiven Konzert oder Rory Pilgrim mit Spoken Word und Choreografie einen kollektiven Erlebnisraum schaffen werden.

Einblick (758): Manuel Bürger, Grafikdesigner

taz: Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum?

Manuel Bürger: Die Geschichte, die Agnieszka Polska in ihrer Ausstellung The Demon’s Brain im Hamburger Bahnhof erzählt, hat mich fasziniert. Die vorkapitalistische Struktur einer Salzmine im 15. Jahrhundert als Vorlage für die sich immer drastischer zuspitzende Frage nach Verantwortung ist clever, poetisch, wunderbar unaufgeregt, das finde ich beeindruckend.

Welches Konzert oder welchen Klub in Berlin kannst du empfehlen?

Ein Live-Auftritt von Arca hat mich letztens total weggehauen (das war allerdings im Schauspielhaus Bochum). Ich hoffe, er kommt bald nach Berlin!

Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet dich zurzeit durch den Alltag?

Ich lerne Französisch, die Konjugationen von Vokabeln begleiten mich am meisten. Ich lese am liebsten Small-Data-Lektüre von Tegel Media. Hier veröffentlichen Ariana Berndl, Jakob Nolte, Leif Randt u. v .a. PDFs fürs Handy.

Was ist dein nächstes Projekt?

Momentan arbeite ich die Projekte der letzten Jahre auf, besonders die Arbeit mit Institutionen. Dabei beschäftigt mich die Frage: Was kann Design heute (noch) bewegen? Wie wichtig ist die Struktur dahinter? Daraus könnte sich eine Fortführung der Idee vom Slippery Design entwickeln.

Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten Freude?

Wahrscheinlich Musikinstrumente. Angefangen von einer Music-App auf meinem Handy bis zu wummernden analogen Drummachines. Musik ändert sofort meine Stimmung, und ich verstehe nicht, wie sie funktioniert, da ich es auch nicht rational zu verstehen versuche – das hat etwas Magisches.

31 Jan 2019

AUTOREN

Sophie Jung

TAGS

Einblick
Transmediale
Performance
elektronische Musik
Kunst
Transmediale
Festival CTM

ARTIKEL ZUM THEMA

Medienkunstfest Transmediale: Kunst ohne Gebrauchswert

Das Medienkunstfest Transmediale 2021 in Berlin setzt auf Entschleunigung. Stattfinden kann es aktuell coronabedingt nur im Livestream.

Interview zur Transmediale: „Ich wäre gerne ein richtig guter Troll“

Cornelia Sollfrank war in den Neunzigern Mitgründerin des Cyberfeminismus. Den Begriff lehnt sie heute ab. Ein Gespräch über Utopien und die Macht sozialer Medien.

CTM-Festival in Berlin: Durchhalten und Beharren

Am Freitag beginnt in Berlin der Club Transmediale (CTM). Das „Festival for Adventurous Music“ steigt zum 20. Mal. Ein Rückblick und eine Vorausschau.