taz.de -- Maßnahmen gegen den Pflegenotstand: Spahn erwägt Bundespflegekammer

Pflegekammern existieren bereits in mehreren Bundesländern, auch in Nordrhein-Westfalen ist eine geplant. Doch es gibt auch Kritik an den Einrichtungen.
Bild: Für die Pflege wird noch nicht genug getan

Düsseldorf/Berlin dpa | Angesichts der geplanten Gründung einer Pflegekammer in Nordrhein-Westfalen erwägt Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auch bundesweit so eine Einrichtung. „Pflege braucht eine gute Interessenvertretung. Kammern können dafür eine Lösung sein“, sagte Spahn der Düsseldorfer Rheinischen Post.

In Nordrhein-Westfalen soll eine solche Kammer errichtet werden. In anderen Bundesländern gibt es bereits solche Einrichtungen ähnlich der Ärztekammern bereits – und werden nicht unkritisch gesehen. Gegen die seit August 2018 tätige Pflegekammer Niedersachsen wurde Ende Dezember [1][eine Online-Petition gestartet], die mittlerweile über 40.000 Unterzeichnende hat. Auslöser war die Zusendung der Beitragsbescheide, die in vielen Fällen deutlich zu hoch angesetzt waren. Auch die Pflichtmitgliedschaft für Pflegekräfte ist umstritten.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatte für sein Land am Mittwoch einen entsprechenden Gesetzentwurf vor der Sommerpause [2][angekündigt]. Das Gesetz solle 2020 in Kraft treten. Die Fachkräfte im Land hatten laut einer Umfrage mit großer Mehrheit die Gründung einer Pflegekammer befürwortet.

Spahn sagte, im Bund müsse so eine Einrichtung – so wie in Nordrhein-Westfalen geplant – von den Pflegekräften getragen werden. „Nur mit diesem Rückhalt ist eine Interessenvertretung schlagkräftig – auch auf Bundesebene.“

Der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, tritt schon seit Jahren für Pflegekammern ein – auch bereits vor seinem derzeitigen Amt. Der Rheinischen Post sagte er nun: „Ich hoffe sehr, dass die Gründung einer Pflegekammer nun auch in Nordrhein-Westfalen die letzten Dämme für eine Bundespflegekammer bricht.“ Er rief die Pflegeverbände dazu auf, analog zur Bundesärztekammer eine eigene Institution zu schaffen – als Ansprechpartner für die Politik und für mehr Zusammengehörigkeit aller Pflegefachkräfte.

10 Jan 2019

LINKS

[1] /Nach-Zustellung-der-Beitragsbescheide/!5559900
[2] https://www.mags.nrw/pressemitteilung/minister-laumann-die-pflegefachkraefte-haben-entschieden-sie-wollen-eine

TAGS

Pflege
Jens Spahn
Gesundheitspolitik
Niedersachsen
Jens Spahn
Niedersachsen
Verdi
Pflegeberufe
Rauchen
Bundesministerium für Gesundheit

ARTIKEL ZUM THEMA

Debatte um Pflegekammer: Datenpanne stoppt Umfrage

In Niedersachsen muss das Sozialministerium seine Umfrage zur Pflegekammer stoppen, weil sie manipulierbar ist. Die Kammer-Gegner triumphieren.

Kritik an Spahns Intensivpflegegesetz: „Dann will ich nicht mehr leben“

Wer 24-Stunden-Pflege mit Beatmung benötigt, soll künftig stationär versorgt werden. Betroffenenverbände laufen Sturm dagegen.

Pflegekammer in Niedersachsen: Klage gegen den Zwang

Eine Krankenschwester klagt vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg gegen ihre Mitgliedschaft. Die Kammer sei verfassungswidrig.

Ver.di-Frau über die Pflegekammer: „Bürokratisches Monster“

Ver.di will gegen die Zwangsbeiträge der Pflegekammer in Niedersachsen klagen. Die seien zu hoch, sagt Aysun Tutkunkardes – und die Kammer nicht im Sinne der Pflegenden.

Nach Zustellung der Beitragsbescheide: Aufschrei gegen Pflegekammer

Über 30.000 Menschen haben innerhalb der letzten zehn Tage eine Online-Petition unterschrieben, die die Auflösung der Pflegekammer Niedersachsen fordert.

Kommentar Erhöhung des Pflegebeitrags: Jeder kann zum Pflegefall werden

Rund fünf Euro mehr müssen Arbeitnehmer zusätzlich in die Pflegeversicherung zahlen. Wem das zuviel ist, sollte sich fragen, wie er später leben will.

Kommentar Spahns neues Pflegegesetz: Ein Pfleger für drei Etagen

Gesundheitsminister Jens Spahn will für mehr Personal in der Pflege sorgen. Das ist schön, doch es reicht bei Weitem nicht aus.