taz.de -- Nach Datenleak in Politik und Kultur: Verärgerung über Politiker als Motiv

Der nach dem Datendiebstahl festgenommene Tatverdächtige hat den Ermittlungen zufolge „aus Ärger“ gehandelt. Nach einem Geständnis wurde er freigelassen.
Bild: War auch betroffen: Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD)

Wiesbaden dpa/afp | Nach dem großangelegten Datendiebstahl bei Politikern und Prominenten war ein 20-Jähriger in Mittelhessen zunächst vorläufig festgenommen und später wieder freigelassen worden. Das teilte das Bundeskriminalamt (BKA) am Dienstag in Wiesbaden mit.

Nach einem Geständnis wurde der Verdächtige wieder auf freien Fuß gesetzt. Er sei bereits am Montag mangels Haftgründen wieder freigelassen worden. In einer Vernehmung habe er Ärger über Äußerungen seiner Opfer als Motiv für seine Taten genannt. Das teilte Oberstaatsanwalt Georg Ungefuk, der Sprecher der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main, in Wiesbaden mit.

Zudem habe der 20-Jährige erklärt, dass er alleine gehandelt habe. Die bisherigen Ermittlungen hätten keine Hinweise auf eine Beteiligung weiterer mutmaßlicher Täter gegeben, ergänzte Ungefuk. Die Wohnung des Schülers war am Sonntag durchsucht und der Tatverdächtige im Anschluss daran festgenommen worden. Den genauen Ort teilte das BKA nicht mit. BKA-Beamte hatten außerdem am Sonntag die Wohnung eines Zeugen in Heilbronn [1][durchsucht]. Auch weitere Zeugen wurden vernommen.

Die bei Durchsuchungen beschlagnahmten Beweismittel wie Computer und Datenträger würden nun umfassend ausgewertet. Ein Computer, den der Verdächtige beiseite geschafft habe, sei gefunden worden.

Rund 1.000 Politiker, Prominente und Journalisten sind nach Angaben des Bundesinnenministeriums [2][von dem Online-Angriff betroffen]. Etwa 50 Fälle seien schwerwiegender, weil größere Datenpakete wie Privatdaten, Fotos und Korrespondenz veröffentlicht wurden.

„Cyber-Abwehrzentrum plus“

Ein bislang Unbekannter hatte über das inzwischen gesperrte Twitter-Konto @_Orbit im Dezember zahlreiche persönliche Daten von Politikern und Prominenten als eine Art Adventskalender veröffentlicht. Manche Informationen hatte er auch schon früher ins Netz gestellt. Das wurde allerdings erst in der Nacht zum vergangenen Freitag öffentlich – und somit auch vielen Betroffenen – bekannt.

Die Bundesregierung will aus dem Fall Konsequenzen ziehen und die Cyber-Sicherheit verbessern. Dazu soll in den nächsten Monaten unter anderem ein „Cyber-Abwehrzentrum plus“ [3][geschaffen werden].

8 Jan 2019

LINKS

[1] /Nach-Datenleak/!5563011
[2] /Politiker-Daten-im-Netz-veroeffentlicht/!5559344
[3] /Internetkriminalitaet-in-Deutschland/!5563510

TAGS

Hackerangriff
BKA
Politiker
Cybersicherheit
Datenleck
Cybermobbing
Datenskandal
Datenleak
Datenklau
Datenschutz
Datenschutz

ARTIKEL ZUM THEMA

Mobbing im Internet: Wir wissen, wo du wohnst

Cyber-Mobbing ist nicht nur zwischenmenschlich eine Schweinerei. Manch harmloser Streich kann dramatische Folgen haben.

Nach der Veröffentlichung privater Daten: Die Spieler

Hackerangriff, Datenklau, Doxing? Gesteuert aus einem Kinderzimmer in Hessen landen die Daten von mehr als tausend Menschen im Internet.

Kommentar Datensicherheit: Passwort 1-2-3-4

Datenschutz ist weder ein Orchideenthema noch eine Idee versponnener Nerds. Das Datenleak muss ein Weckruf sein.

Digitales Leak von Promi-Infos: Seehofer stolpert ins Datenleck

Wer hinter dem Datenklau-Skandal steckt, ist unklar. Nun muss das Bundesinnenministerium für Aufklärung sorgen – bis Mitte der Woche.

Datenleak in Kunst und Politik: Nur vereinzelt sehr private Daten

Daten von Künstler*innen, Journalist*innen und Politiker*innen wurden im Netz veröffentlicht. Was wir dazu bisher wissen.

Politiker-Daten im Netz veröffentlicht: Kalt erwischt

Teils seit Wochen waren die geleakten Daten im Netz. Die Cyberabwehr wusste nichts. Die Täter könnten zum rechten Spektrum gehören.