taz.de -- Kommentar Dilemma im Bundestag: Das nächste Opferfest
Die AfD-Politikerin Harder-Kühnel ist vorerst nicht zur Bundestagsvize gewählt worden. Dennoch stehen die anderen Fraktionen vor einem Dilemma.
Wie soll man damit umgehen, dass die radikale Rechte in Europa stärker wird und immer mehr unsympathische bis gefährliche Gestalten in den Parlamenten auftauchen? Mit dieser Frage mussten sich am Donnerstag auch die politischen Gegner der AfD im Bundestag beschäftigen – und sie konnten dabei leider nur falsch handeln.
Die Kandidatur der AfD-Frau [1][Mariana Harder-Kühnel] für das Amt der Bundestagsvizepräsidentin stellte die anderen Fraktionen vor ein Dilemma: Es gibt gute Gründe, ihre Wahl abzulehnen, [2][wie es die Mehrheit nun getan hat]. Auch wenn von Harder-Kühnel persönlich keine rechtsextremen Äußerungen bekannt sind: Es wäre schwer erträglich, wenn eine Politikerin die Sitzungen leitet, deren Parteichef die NS-Zeit als [3][„Vogelschiss“] bezeichnet. Wie würde eine AfD-Bundestagvizepräsidentin wohl reagieren, wenn ihre Fraktionchefin wieder mal gegen „Kopftuchmädchen“ und „sonstige Taugenichtse“ hetzt? Mit einem Ordnungsruf wohl kaum.
Die Wahl einer AfD-Politikerin könnte als Anerkennung der Rechtspopulisten als ganz normale demokratische Partei missverstanden werden. Das ist ein Problem. Aber die AfD wie Aussätzige zu behandeln, ist erst recht falsch. Alle gegen die AfD, auch bei formalen Fragen wie der Vergabe von bundestagsüblichen Posten, egal wer für sie antritt: Das ist Selbstbefriedigung und beschert den Rechten ein weiteres Opferfest. Schließlich steht der Vizeposten laut Geschäftsordnung eindeutig jeder Fraktion zu.
Wer die demokratischen Spielregeln bricht, um andere Parteien zu benachteiligen, wirkt nicht aufrecht, sondern trotzig. Viel überzeugender wäre es, die Parolen der AfD inhaltlich zu entkräften. Wie wichtig das ist, zeigt die aufgebauschte [4][Debatte über den UN-Migrationspakt].
30 Nov 2018
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Die AfD-Politikerin Mariana Harder-Kühnel ist auch im dritten Anlauf bei der Wahl zur Vizepräsidentin des Bundestags durchgefallen. Das Ergebnis war deutlich.
Mariana Harder-Kühnel ist bei der Wahl zur Parlamentsvizepräsidentin zum zweiten Mal durchgefallen. Zuletzt zeigte sie sich zuversichtlich.
Ein vermeintliches Werbeplakat des Brauseherstellers sorgt für Aufruhr. Wer steckt dahinter? Und was meint der Konzern?
Eigentlich darf auch die AfD einen Posten als Bundestags-Vize besetzen. Erneut ist jedoch mit Harder-Kühnel ein*e Kandidat*in der Partei durchgefallen.
Der Bundestag stimmt über die AfD-Kandidatin für das Amt der Bundestagsvizepräsidentin ab. Ob Harder-Kühnel auch gewählt wird, ist ungewiss.
Der erste Bundestagsvize-Kandididat der AfD war mehrfach im Plenum durchgefallen. Jetzt einigt sich die Fraktion auf eine eher moderate Politikerin.