taz.de -- Comeback-Ankündigung: Peter Strieder will es nochmal wissen

Der frühere SPD-Landeschef und Senator will – wenn auch ohne Mandat – wieder mitmischen, „in der SPD und darüber hinaus“.
Bild: Peter Strieder, damals noch Senator und SPD-Landeschef, bei seinem Rücktritt 2004

Erneuerung ist derzeit der zentrale Begriff bei der SPD, vor allem personell, knapp gefolgt von „Verjüngung“. Parteichefin Andrea Nahles macht sich gerade innerparteilich eine Menge Feinde damit, von Erneuerung nicht nur zu reden, sondern mit Blick auf die Europa-Wahl im nächsten Mai mehreren jüngeren, unverbrauchten Frauen vordere Plätze auf der Kandidatenliste zu verschaffen.

Wie ungerecht gegenüber den Alten, muss sich da jemand wie Peter Strieder gesagt und ein Comeback via Interview in der Berliner Zeitung beschlossen haben. Wer? Peter Strieder? Ja, genau der: der frühere Berliner SPD-Landesvorsitzende und Stadtentwicklungssenator.

Strieders aktive Zeit in der Politik liegt länger zurück als die eines anderen aktuellen Rückkehrers: CDU-Vorsitz-Aspirant Friedrich Merz war immerhin bis 2009 Bundestagsabgeordneter, SPD-Mann Strieder hörte schon 2004 als Parteichef und Senator auf, mit erst 52 Jahren. Nun ist er 66, und das ist ja bekanntlich – unter textsicheren Fans von Udo Jürgens jedenfalls – das Alter, in dem das Leben erst anfängt. Vielleicht aber drängt es Peter Strieder auch zurück, weil er noch eine Rechnung offen hat. Sein Rückzug aus der Politik kam nämlich nicht freiwillig wie bei Merz.

Schluss wegen der Tempodrom-Affäre

Strieder war 2003 durch die sogenannte Tempodrom-Affäre um enorm gestiegene Baukosten des privaten Veranstaltungsorts zunehmend unter Druck geraten. Im Kern lautete der Vorwurf, über die Investitionsbank Berlin Gelder am Parlament vorbei für das Tempodrom locker gemacht zu haben. Die Staatsanwaltschaft begann zu ermitteln, immer größer wurde der öffentliche Druck – bis Strieder schließlich im Frühjahr 2004 zurücktrat. Zu einem Gerichtsverfahren kam es aber nie: Im Juni 2005 lehnte auch das Kammergericht in zweiter Instanz die Anklage ab, weil dem Land Berlin durch Strieders Handeln kein Schaden entstanden sei.

Der vormalige Parteichef arbeitete danach 13 Jahre für eine Politikberatung und geriet in dieser Zeit noch einmal ins Schlaglicht: Bei einem Neubau am Leipziger Platz, wo er den Investor vertrat, legten 2016 Medienberichte nahe, Strieder könnte mit seinen SPD-Kontakten durchgesetzt haben, dass in dem Gebäude trotz anderer Vorgaben keine Wohnungen entstehen müssten. SPD-Fraktionschef Raed Saleh ordnete Strieder als Lobbyisten ein und beteuerte, Abstand zu ihm zu halten.

Kritik an der eigenen Partei

Wie es aussehen kann, wenn sich Strieder bei der SPD wieder mehr einmischt, deutete er im Sommer in einem [1][Beitrag für das Parteiorgan Berlin Stimme] an, wo er seinen Landesverband nach vorangegangenen Parteitagsbeschlüssen heftig kritisierte: „Wenn die SPD Vertrauen zurückgewinnen will, wird das weder mit Unisex-Toiletten noch mit kostenlosen feministischen Pornos geschehen: Die SPD muss zuallererst zeigen, dass sie die Stadt regieren, besser: managen kann!“

Falls sich nun Jusos und sonstige Parteifreunde (?) angesichts der Comeback-Ankündigung – ein Mandat strebt Strieder angeblich nicht an – entrüsten und ihn bitten, sich doch auf ein Wirken in der parteiinternen AG „60 plus“ zu beschränken: Udo Jürgens souffliert in seinen „Mit 66 Jahren“ die passende Antwort: „Und sehen mich die Leute entrüstet an und streng, dann sag ich, meine Lieben, ihr seht das viel zu eng.“

28 Nov 2018

LINKS

[1] https://www.spd.berlin/w/files/berliner_stimme/bs_06_2018_online..pdf

AUTOREN

Stefan Alberti

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