taz.de -- Eklat bei Pressekonferenz im Kanzleramt: Politische Botschaften unerwünscht
Auf der Pressekonferenz von Angela Merkel und Recep Tayyip Erdoğan zeigte der türkische Reporter Adil Yigit sein T-Shirt – und wurde rausgeschmissen
Hamburg taz | Bei der gemeinsamen Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan im Kanzleramt ist am Freitag der taz-Fotograf und Reporter Adil Yigit vom Sicherheitsdienst abgeführt worden. Grund dafür war ein T-Shirt, das der Erdoğan-Kritiker sich übergezogen hatte. Darauf stand: „Gazetecilere Özgürlük – Freiheit für Journalisten in der Türkei!“
Während er abgeführt wurde, rief Yigit mehrfach: „Ich habe nichts gemacht!“. Präsident Erdoğan beobachtete die Szene lächelnd. Auf Anfrage der taz teilt Yigit mit: „Wir waren lediglich vier Journalisten, die Erdoğan-kritisch sind. Die restlichen Journalist*innen waren regierungsnah“. Von seinen Kolleg*innen hätte er sich mehr Solidarität gewünscht: „Ich wurde einfach abgeführt und niemand hat eingegriffen.“
Yigit wurde von den Sicherheitsleuten in ein Nebenzimmer gebracht und gebeten, sein T-Shirt auszuziehen. Danach musste er das Gebäude verlassen, in Begleitung von Polizist*innen, die ihn noch 300 Meter weg vom Kanzleramt eskortierten. Der Zwischenfall dauerte nur wenige Sekunden, im Anschluss ging die Pressekonferenz ungestört weiter.
Regierungssprecher Steffen Seibert verteidigt das Vorgehen des Sicherheitsdienstes. [1][Auf Twitter teilt er mit]: „Wir halten es bei Pressekonferenzen im Kanzleramt wie der Deutsche Bundestag: keine Demonstrationen oder Kundgebungen politischer Anliegen.“ Er fügt hinzu: „Das gilt völlig unabhängig davon, ob es sich um ein berechtigtes Anliegen handelt oder nicht.“
Der 60-jährige Sozialarbeiter und Journalist ist auch Herausgeber der regierungskritischen Onlinezeitung [2][Avrupa Postasi]. Er war 1978 in der Türkei bei einem Überfall der rechtsextremen Grauen Wölfe verletzt worden und bekam daraufhin Asyl in Frankreich. Heute lebt Yigit in mit seiner Frau in Hamburg. Beim G20-Gipfel war ihm nachträglich die Akkreditierung entzogen worden.
28 Sep 2018
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Beim G20-Gipfel wurde dem Journalisten Adil Yiğit die Akkreditierung entzogen. Drei Jahre später räumt Hamburgs Polizeipräsident Fehler ein.
Der türkische Regimekritiker Adil Yiğit muss ausreisen. Verhindern könnte das ein Asylantrag, doch den will er nicht stellen.
Nach seinem Besuch in Deutschland ist der türkische Präsident wieder abgereist. Die Journalistin Meşale Tolu, die monatelang in der Türkei in Haft saß, zieht Bilanz.
Angela Merkel sollte Parteichefin bleiben, sagt der NRW-Ministerpräsident. Armin Laschet über Erneuerung der CDU, den Forst und den Umgang mit Erdoğan.
Der türkische Staatschef Erdoğan fordert die Festnahme des Journalisten Can Dündar. Merkel beklagt Differenzen. Ein Reporter wird abgeführt.
Menschenrechtsgruppen demonstrieren gegen den türkischen Präsidenten. Staatsanwaltschaft: Erdogan darf „Faschist und Mörder“ genannt werden.
24 Haziran seçimlerinde 5 kişi cezaevinden milletvekili adayı oldu. İkisi, HDP'li Leyla Güven ve CHP'li Enis Berberoğlu milletvekili seçildi. İkisi de hala tutuklu.
Der Erdoğan-kritische Journalist Adil Yiğit lebt seit über 30 Jahren in Deutschland. Jetzt droht ihm die Abschiebung. Ein Gespräch über hartnäckige Hoffnungen.
Ein türkischer Journalist rät Deutschtürken, am Sonntag die AfD zu wählen. Unseren Gastautor regt das auf.