taz.de -- Bauen mit Holz: Bretter, die die Zukunft bedeuten

In Berlin-Mahlsdorf entsteht eine Schule aus Holz. Das Land solle Bauen mit dem Öko-Rohstoff noch stärker fördern, fordern die Grünen.
Bild: Bauen mit Holz wollen Berlins Grüne fördern

Gleich drei Mitglieder des Senats geben sich heute in Mahlsdorf die Ehre: Sandra Scheeres (SPD, Bildung), Katrin Lompscher (Linke, Stadtentwicklung) und Matthias Kollatz (SPD, Finanzen) kommen zur Grundsteinlegung einer neuen Sekundarschule.

Es ist die erste im Rahmen der Berliner Schulbauoffensive (BSO), mit der Rot-Rot-Grün den Stau bei Neubau und Sanierung auflösen will. Bis Ende 2026 sollen 5,5 Milliarden Euro dafür ausgegeben werden.

Für den Grünen-Abgeordneten Andreas Otto ist der Baustart aus einem weiteren Grund Anlass zur Freude. Denn das mit 31 Millionen Euro veranschlagte Gebäude samt Turnhalle, das in der Regie von Lompschers Verwaltung gebaut wird, entsteht als „Holz-Modulbau“. Das bedeutet, dass fast alles oberhalb des Fundaments aus vorgefertigten Holzsegmenten besteht, die vor Ort zusammengefügt werden.

Was die Konstruktionstechnik angeht, hat das zwar viel mehr mit Plattenbau als mit guter, alter Zimmermannsarbeit zu tun, für Otto ist es dennoch ein „Signal, nicht nur für die Schulbauoffensive, sondern für nachhaltiges Bauen in Berlin“.

Ein zartes Signal

Angesichts der Tatsache, dass die Schulbauoffensive bislang nur zwei weitere Schulen im Holz-Modulbau vorsieht (eine Grundschule in Lichtenberg, eine weitere in Hohenschönhausen), handelt es sich zwar noch um ein recht zartes Signal. Aber Otto will sich mit dem Rückhalt seiner Fraktion dafür einsetzen, dass das Bauen mit Holz in Berlin – wieder – zur Normalität wird. Er sieht viele Vorteile in dem uralten Baustoff.

Die Ressourcensicherheit eines nachwachsenden Rohstoffs in Zeiten, in denen selbst Bausand knapp wird, und die positive Klimabilanz sind die beiden ökologischen Gewichte in der Waagschale.

Dass Bauen mit Holz dem Klima zugute kommt, bestätigt Volker Schmid, Professor am Institut für Bauingenieurwesen der TU. Nach seinen Berechnungen erspart ein mittelgroßes Gebäude wie ein Gemeindezentrum oder eine Schule der Atmosphäre mehrere hundert Tonnen Kohlendioxid gegenüber wenig umweltfreundlich hergestellten Baustoffen wie etwa Beton.

Schmid erforscht Verbundstrukturen aus Holz und Beton, mit denen heute schon Hochhäuser gebaut werden – gerade entsteht in Wien das Holzhochhaus „HoHo“, das 84 Meter in den Himmel ragen soll. In Berlin gibt es dagegen kaum Holzbauten, die die Traufhöhe von 22 Metern erreichen.

Unternehmen aus Süddeutschland

Bedenken in Sachen Stabilität und Brandschutz sind laut Schmid mittlerweile vollständig ausgeräumt – richtig verbautes Holz sei im Brandfall sogar widerstandsfähiger als Stahl.

Moderner Städtebau mit Holz ist genau das, was Andreas Otto vorschwebt. Er verweist auf das von den Grünen durchgesetzte Koalitionsziel, einen Berlin-Brandenburger „Holzbau-Cluster“ aufzubauen, in dem die Politik Forschung und Produktion, aber auch die Anwendung von Holzbau fördert.

„Es gibt in der Region derzeit nur eine größere Firma, die Holzmodule herstellt“, so Otto, „die Schule in Mahlsdorf wird von einem süddeutschen Unternehmen gebaut.“ Das müsse sich ändern. Ein Schritt, den die Koalition bereits getan habe, sei die Änderung der Bauordnung im Frühjahr gewesen: Damit sei die Genehmigung von Holzbauten bis Traufhöhe noch einmal erleichtert worden.

Ob, wann und wie Gebäude aus Holz vom Land gefördert werden, wisse man erst am Ende des politisches Prozesses, den er und einige andere Koalitionspolitiker vorantreiben wollen. Zurzeit sei ein Parlamentsbeschluss von Rot-Rot-Grün in Vorbereitung – „im Herbst könnte der so weit sein“.

Otto will jedenfalls, dass „die öffentliche Hand sich an die Spitze setzt“ und noch deutlich mehr Holzmodul-Schulen baut. Dafür spricht aus seiner Sicht ein weiterer großer Vorteil von Holz: Billiger bauen lässt sich damit zwar vorerst nicht, aber deutlich schneller. Die Mahlsdorfer Schule soll bereits 2019 in Betrieb gehen.

27 Aug 2018

AUTOREN

Claudius Prößer

TAGS

Grüne Berlin
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
Berlin
Schule
Holz
Holz
Städtebau
Gemeingut in BürgerInnenhand
Howoge
Schwerpunkt Klimawandel

ARTIKEL ZUM THEMA

Ausstellung der Architektenkammer: Es wird geholzt!

Bei der Ausstellung „da! Architektur in und aus Berlin“ der Berliner Architektenkammer gibt es einiges aus Holz zu sehen.

Interview mit Andreas Otto (Grüne): „Ein wichtiges Zeichen“

Dass das Land bei der Nachnutzung von Tegel auf Holzbauweise setzt, freut den grünen Baupolitiker Andreas Otto – genug ist es ihm noch lange nicht.

Rot-rot-grüne Schulbaupläne: Initiative will Anhörung erzwingen

Baut die Howoge mit, wird der Schulbau zur Kostenfalle. Das fürchten Privatisierungskritiker. Bis Ende Juni sammeln sie Unterschriften für öffentliche Anhörung.

Berliner Schulbauoffensive: Großes Abc mit Howoge

In den nächsten Jahren soll die Wohnungsbaugesellschaft Howoge 29 neue Schulen bauen. Finanzsenator Kollatz-Ahnen widerspricht Privatisierungsvorwurf.

Baumaterialien aus dem Wald: Mit Holz hoch hinaus

Holzhäuser sind wirksame Senken für Kohlendioxid. Achtstöckige Häuser sind erprobt, und in zehn Jahren soll ein 100 Meter hohes Holzhaus stehen.