taz.de -- Umwandlung in Eigentum: Verdrängung geht weiter
Immer noch werden viele Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt. Nur selten können sich die Mieter den Kauf selbst leisten. Doch der Bund bleibt untätig.
Auch Milieuschutz schützt vor Umwandlung nicht. Was sich schon im Vorjahr angedeutet hat, gilt auch für 2018. Wie aus einer Antwort von Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Gaby Gottwald hervorgeht, wurden von Juli 2017 bis Ende Juni 2018 rund 14.000 Wohnungen von Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt. Schwerpunkte des derzeitigen Umwandlungsgeschehens sind Friedrichshain-Kreuzberg (rund 3.300), Charlottenburg-Wilmersdorf (2.800 Wohnungen) und Mitte (rund 2.400).
Der grüne Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Florian Schmidt, hatte bereits im vergangenen Dezember auf die hohen Umwandlungszahlen in seinem Bezirk hingewiesen. So wurden im zweiten Halbjahr 2016 1.885 Wohnungen in Eigentum umgewandelt. Eigentlich hätte die Zahl der Umwandlungen 2015 drastisch zurückgehen müssen.
Im März 2015 trat die sogenannte Umwandlungsverordnung in Kraft. Sie besagt, dass jede Umwandlung in einem Milieuschutzgebiet vom Bezirk untersagt werden kann, wenn damit die Verdrängung der Wohnbevölkerung drohe. Allerdings hat das Ganze einen Haken: Wenn sich der bisherige Besitzer verpflichtet, Wohnungen für sieben Jahre nur an Mieter zu verkaufen, muss eine Umwandlung auch in Milieuschutzgebieten genehmigt werden. In der Realität machten aber nur wenige Mieter von der Kaufmöglichkeit Gebrauch, kritisiert nun Gaby Gottwald.
Dass die Ausnahme inzwischen zum Regelfall geworden ist, zeigen auch die Umwandlungszahlen in Friedrichshain-Kreuzberg. So wurden 2014 pro Halbjahr etwa 1.450 Wohnungen in Eigentum umgewandelt. Bevor die Verordnung im März 2015 in Kraft trat, erhöhte sich die Zahl auf 2.500, laut Schmidt war das ein „Vorzieheffekt“. Danach ging sie kurzfristig zurück, um dann 2016 wieder anzusteigen.„Da ist kein spürbarer Rückgang zu erkennen“, meint Florian Schmidt.
Gottwald fordert nun, die Ausnahmeregelung abzuschaffen. Auch der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild, sieht Handlungsbedarf. Allerdings ist Berlin mit dem Vorstoß, die bisherigen Regelung im Bundesrecht zu ändern, im Bundesrat gescheitert. Die Folge: Berlin ist dabei, seinen Nimbus als absolute Mieterstadt zu verlieren. Lebten noch vor fünf Jahren 90 Prozent aller Berlinerinnen und Berliner in Mietwohnungen, sind es nun nur noch 75 Prozent.
9 Aug 2018
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