taz.de -- Trumps Politik gegen Einwanderer: Jede zweite Familie weiter getrennt
Zwangsgetrennte Familien von MigrantInnen sollten wieder zusammenkommen, so ein Gericht. Die Trump-Regierung kommt dem nicht nach.
New York taz | An diesem Donnerstag sollten eigentlich alle rund 2.700 Kinder – darunter Säuglinge und Kleinkinder – die im Frühsommer von US-GrenzschützerInnen zwangsweise von ihren Eltern getrennt worden waren, wieder bei ihren Eltern sein. Das hatte im vergangenen Monat ein Bundesrichter im kalifornischen San Diego angeordnet. Für die unter Fünfjährigen Opfer von Trumps Politik setzte der Richter zudem eine kürzere Frist: [1][Sie hätten schon vor zwei Wochen wiedervereint werden müssen].
Doch die US-Regierung hält sich nicht an den Beschluss. Bis Dienstag dieser Woche hat sie nicht einmal 50 Prozent der getrennten Eltern und Kinder die Wiedervereinigung erlaubt. Die meisten dieser knapp über 1.000 Familien verdanken ihre Wiedervereinigung Bürgerinitiativen und individuellen UnterstützerInnen. Sie haben die bis zu 7.500 Dollar teuren Kautionen für ihre Freilassung aus der Abschiebehaft gezahlt, haben Geld für AnwältInnen gespendet und haben die Reisen der EinwandererInnen zu ihren Kindern organisiert.
In anderen Fällen haben die US-Behörden Kinder zurück an die Grenze transportiert, um sie dort hinter Gittern mit ihren Eltern zu vereinigen.
Aber für mindestens 463 Eltern haben die US-Behörden die richterlich angeordnete Familienzusammenführung in den USA komplett torpediert. In kurzen Prozessen haben sie diese Eltern in ihre Herkunftsländer abgeschoben – meist Honduras, El Salvador und Guatemala. Viele durften vorher nicht einmal mit ihren Kindern sprechen. Die Kinder sind weiterhin in Heimen quer durch die USA und in Pflegefamilien. Ihre Zukunft ist unklar.
Aktivisten helfen bei Familienzusammenführung
Seit den Protesten gegen Trumps’ „Zero Tolerance“ im Juni haben Aktivistinnen bei der Familienzusammenführung geholfen. Die New Yorker Gruppe [2][Immigrant Families Together] hat bereits mehrere hunderttausend Dollar gesammelt, um einzelnen Müttern zu helfen, ihre Kinder wieder in die Arme zu schließen. Für einige Frauen haben sie auch den Transport in Privatwagen organisiert, in denen Freiwillige die Mütter die mehr als 3.000 Kilometer lange Strecke fahren.
Die Szenen der Wiedervereinigung nach oft monatelanger Trennung sind umso dramatischer, als manche Mütter zunächst nur ein „Besuchsrecht“ erhalten. Sie dürfen ihre Kinder nur für ein paar Stunden sehen. Um wieder mit ihnen leben zu dürfen, müssen sie per Gentest ihre Mutterschaft nachweisen, Dokumente vorlegen, die viele nicht haben, einen Wohnsitz in den USA nachweisen und belegen, dass sie finanziell für die Familie aufkommen können.
Fußfesseln und Vorladungen
Arbeiten allerdings dürfen sie nicht. Wie ein Damoklesschwert hängt auch die Abschiebung über ihnen. Die meisten Erwachsenen tragen nun elektronische Fußfesseln und sind jederzeit zu orten. Und sie haben bereits Vorladungen zu EinwanderungsrichterInnen in der Tasche. Sie befürchten, dass sie direkt von den Gerichten aus abgeschoben werden.
Kinder erzählen nach der langen Trennung von strikter Reglementierungen in den Heimen. Sie beschreiben, dass es ihnen verboten war, andere Kinder – inklusive Geschwister – zu umarmen und mit ihnen zu weinen. Oft waren diese Verbote mit der Drohung verbunden: „Ihr müsst sonst länger hier bleiben.“
Ihrerseits haben viele Erwachsenen hinter Gittern Dokumente unterschrieben, die eine Zukunft in den USA erschweren. Unter anderen haben sie auf Asylanträge verzichtet und ihrer eigenen Abschiebung zugestimmt. Als Druckmittel sagten BehördenvertreterInnen den Eltern: „Sonst seht ihr eure Kinder nicht wieder.“
25 Jul 2018
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