taz.de -- Marvel-Film „Ant-Man and the Wasp“: Abenteuer auf der Quantenebene

Der Marvel-Superheldenfilm „Ant-Man and the Wasp“ überzeugt durch sein Spiel mit wechselnden Größenverhältnissen.
Bild: Große Heldin, ganz klein: Hope van Dyne ist Wasp (Evangeline Lilly)

Vor gut zweieinhalb Monaten fanden sich beim großen Marvel-Klassentreffen „Avengers: Infinity War“ sämtliche Helden aus dem immer reicher werdenden MCU – dem sogenannten Marvel Cinematic Universe – zusammen, um gemeinsam gegen die Bedrohung durch den Kriegsherren und Superschurken Thanos zu kämpfen. In der gigantomanischen Materialschlacht, bei der es um nicht weniger als die Existenz der Erde, ach was, des gesamten Universums ging, fehlte jedoch eine Marvel-Figur: Ant-Man, im Privatleben Scott Lang, gespielt vom vor allem für komödiantische Stoffe bekannten US-Amerikaner Paul Rudd.

Diese Figur hatte vor drei Jahren ihr Leinwand-Debüt in einem Film erlebt, der aus vielerlei Gründen aus der Reihe fiel. Deutlich kleiner war der von Peyton Reed inszenierte „Ant-Man“, und das in jeder Hinsicht. Nicht um die Rettung der Menschheit ging es, sondern um ganz menschliche Probleme. Um Vater-Tochter-Konflikte, aber auch um die Frage, wie ein ganz normaler Mann mit seinen plötzlich erworbenen Fähigkeiten umgeht.

Und auch visuell war „Ant-Man“ kleiner, im wahrsten Sinne des Wortes, stand im Mittelpunkt doch ein auf unglaubliche Weise schrumpfender Mann, der sich nicht etwa nur auf Ameisengröße durch die Welt bewegen konnte, sondern gar in der Quanten-Welt agierte, auf atomare Partikel reduziert.

Genau dort setzt nun auch die Fortsetzung „Ant-Man and the Wasp“ an, in der es um nicht mehr geht als die Rettung einer einzigen Person. Diese Person ist Janet (Michelle Pfeiffer), Ehefrau des genialen Wissenschaftlers Hank Pym (Michael Douglas), seines Zeichens Erfinder der Verkleinerungstechnik. Vor Jahren war beim Experimentieren mit der noch nicht ausgereiften Technik seine Frau zu Partikeln geschrumpft und strauchelt seitdem durch die Quantenebene. Lange schon hegen Hank Pym und seine Tochter Hope (Evangeline Lilly), die bisweilen in die Rolle der Wespe aus dem Titel schlüpft, den Traum, ihre Frau beziehungsweise Mutter zu retten.

Dass es nun Scott geschafft hat, die Quantenebene zu betreten und vor allem wieder zu verlassen, macht ihn zum Hoffnungsträger der Familie. Ein Wunsch, dem sich auch Scott verpflichtet fühlt. Denn Scott hatte Hank Pym einst in Schwierigkeiten gebracht: Nur weil Ant-Man in „The First Avenger: Civil War“ Captain America nach Europa gefolgt war und damit gegen die Auflage verstoßen hatte, seine Fähigkeiten nur mit offizieller Genehmigung einzusetzen, sah sich Pym dazu gezwungen, abzutauchen und seine Forschungen im Untergrund weiterzuführen.

Eine Stärke des Marvel-Universums

Gleichermaßen komplex und doch einfach wirkt dieser Plot, der nicht zuletzt eine der großen Stärken des Marvel-Universums zeigt: Die einzelnen Filme auf vielschichtige Weise zu verknüpfen. Hier taucht zwar kein anderer der zahlreichen Marvel-Helden auf, doch vor allem die Quantenebene stellt Bezüge her: Hier trieb sich Dr. Strange in seinem Abenteuer herum. Und hier scheinen auch die Fäden von „Avengers: Infinity War“ zusammenzulaufen, an dessen Ende sich viele der Superhelden in ihre atomaren Einzelteile auflösten.

Das Schöne an „Ant-Man and the Wasp“ ist jedoch, dass man all die zumindest im Ansatz faszinierenden Überlegungen zu den Möglichkeiten der Quantentechnik ebenso ignorieren kann wie die Bezüge zu anderen Marvel-Filmen. Denn wie kaum eine andere der zahllosen Fortsetzungen der letzten Jahre funktioniert Peyton Reeds Film auch ohne das Wissen um das große Ganze der verschiedenen Franchises.

Zum einen ist dabei sein Humor zu nennen, der vor allem durch die von Michael Pena und Randall Park gespielten Nebenfiguren entsteht, und nur ein allzu politisch Korrekter wird bemängeln, dass es einmal mehr zwei Minoritäten-Darsteller sind, die eher clownesk agieren. Zum anderen sind es die oft atemberaubenden visuellen Effekte. Zwar ist „Ant-Man and the Wasp“ im Marvel-Kosmos ein eher billiger Film, was aber bedeutet, dass Reed immer noch über 150 Millionen Dollar verpulvern durfte. Geld, das er für wunderbar überraschende Sequenzen nutzte, in denen mit wechselnden Größenverhältnissen gespielt wird.

Aussehen wie in den 80er Jahren

Als größten Spezialeffekt mag man aber die für einige Rückblenden verjüngten Gesichter von Michael Douglas und Michelle Pfeiffer betrachten, die dank modernster Computertechnik wieder aussehen wie in den 80er Jahren. Doch vor allem in der Gegenwart, wo sie ihren 74 beziehungsweise 60 Jahren entsprechend aussehen – oder dem, was in Hollywood für dieses Alter durchgeht –, verleihen die beiden Stars dem Geschehen eine Würde, wie man sie in oft allzu angestrengt um Bedeutung und Pathos ringenden Superheldenfilme selten sieht.

Nicht durch schiere Behauptung einer globalen Bedrohung werden hier Emotionen erzeugt, nicht durch überbordende, leblose Effekte, sondern durch eine Erzählung, die sich Zeit nimmt, die vielschichtige Figurenkonstellationen etabliert und bei allem Superheldengetue doch von echten Menschen mit echten Emotionen handelt. Nicht wenig für einen Film, der im Kern nichts anderes sein will als unterhaltsames Popcorn-Kino.

24 Jul 2018

AUTOREN

Michael Meyns

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