taz.de -- Kommentar Sebastian Kurz bei Merkel: Gemeinsam gegen Flüchtlinge
Der österreichische Kanzler Sebastian Kurz braucht seine deutsche Amtskollegin Angela Merkel. Vor allem zur Abwehr der Pläne von Horst Seehofer.
Sebastian Kurz und Angela Merkel, das ist bekannt, verbindet keine politische Liebesbeziehung. Vor allem in der Frage der Flüchtlingspolitik. Österreichs Kanzler fühlt sich da eher zu Horst Seehofers Schotten-dicht- und Obergrenzenmentalität hingezogen. Doch wenn der deutsche Innenminister seinen Masterplan umsetzt, würden Flüchtlinge an der bayerischen Grenze nach Österreich zurückgeschickt. Vergangenes Jahr gab es in Deutschland 64.000 „Dublin-Fälle“. Die meisten sind über Österreich eingereist.
Die Vorstellung, dass auch nur halb so viele demnächst zurückgeschoben werden, muss jemandem, der seinen Wahlsieg der harten Haltung gegenüber Asylsuchenden zu verdanken hat, Alpträume bescheren. Die in einem halben Jahr Koalition mit der rechten FPÖ beschlossenen Gemeinheiten gegen aufenthaltsberechtigte Flüchtlinge kommen bei der Mehrheit der Bevölkerung gut an. Von Kurz etwas Anderes als ein „Weiter so“ zu erwarten, wäre also unrealistisch.
Also überrascht es nicht, dass sich Österreich auch für die bevorstehende EU-Ratspräsidentschaft die Abwehr von Flüchtlingen als vorrangiges Ziel der Union auf die Fahnen geschrieben hat. Das geht nur mit einer weiteren Militarisierung der Außengrenzen. Ein Auffanglager in Albanien wird in Geheimgesprächen angebahnt. Ohne Deutschland sind solche Pläne und die Erhöhungen der entsprechenden Budgetlinien nicht durchsetzbar. Merkel und Kurz sind also taktische Verbündete. Nicht zuletzt gegen die eigenen Koalitionspartner.
Wo Merkel ihren verhaltensauffälligen Horst Seehofer hat, hält sich Kurz seinen immer noch rechtsextrem vernetzten Vizekanzler Heinz-Christian Strache von der FPÖ, der die europäische Küstenwache Frontex für einen Schlepperverein hält, weil die Agentur Flüchtlingsboote an Land bringt, statt sie im Mittelmeer zu versenken. Obwohl die von Kurz nach rechts gelenkte ÖVP inzwischen durchaus im europäischen Mainstream liegt, muss der Kanzler versuchen, als Ratspräsident integrativ aufzutreten. Auch deswegen sucht er Merkels Nähe.
13 Jun 2018
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