taz.de -- Drohendes Aus der Koalition: Letzte Tage vor dem Showdown

Am Dienstag tagt erstmals wieder die CDU/CSU-Fraktion, abends der Ausschuss mit der SPD. Ende der Woche droht der große Knall in der Union.
Bild: Wer zieht wen über den Tisch? Innenminister Seehofer vor Kanzlerin Merkel

BERLIN taz | Die letzte Woche von Angela Merkels mühsam errungener Verhandlungsfrist läuft. Nach nervenaufreibenden Tagen treffen an diesem Dienstagnachmittag die Abgeordneten aus CDU und CSU erstmals wieder aufeinander; die Fraktionssitzung dürfte spannend werden. Abends folgt der Koalitionsausschuss von Union und SPD.

Am Donnerstag dann wird Angela Merkel im Bundestag eine Regierungserklärung abgeben, bevor sie zum Europäischen Rat nach Brüssel aufbricht. Nach dem Rat, am 1. Juli, werden die Parteigremien von CDU und CSU beraten. Anschließend könnte diese Regierungskoalition Geschichte sein – die CSU lässt jedenfalls nicht erkennen, dass sie Merkel zutraut, eine europäische Lösung in der Migrationsfrage herbeizuführen.

So viel zur Terminlage. Möglich, dass sich bis dahin noch das eine oder andere verschiebt – vielleicht sogar die Stimmung. Denn selbst den Haudraufs von der CSU dürfte langsam klar werden, dass ihnen ihre Eskalationsrhetorik eher schadet. Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage käme die CSU bei der Landtagswahl derzeit nur noch auf 40 Prozent. Das sind zwei Prozent weniger als noch im Februar und 7,7 Prozent weniger als bei der letzten Bayernwahl.

Mit der Arbeit von Spitzenkandidat Markus Söder zeigen sich nur 38 Prozent der Befragten zufrieden – mit der Arbeit von Angela Merkel hingegen 43 Prozent. Selbst unter den CSU-Anhängern schneidet Merkel mit 61 Prozent besser ab als Söder. Auch die Arbeit von Innenminister Horst Seehofer bewerten in Bayern nur 37 Prozent positiv, 61 Prozent negativ.

„Selber lösen“

Bei der CDU wird man derweil nicht müde, die aufgebrachte Koalitionsschwester zu besänftigen. Nach der montäglichen Präsidiumssitzung im Berliner Konrad-Adenauer-Haus erklärte Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer, man habe für den Fall einer Trennung keinen Plan für eine Ausdehnung nach Bayern in der Schublade. Die Gemeinschaft mit der CSU sei der CDU ein hohes Gut. Allerdings gebe es an der Basis durchaus Unverständnis über den Kurs der Christsozialen.

Kramp-Karrenbauer kritisierte, dass der „Masterplan Migration“ von Bundesinnenminister und CSU-Chef Horst Seehofer immer noch nicht vorliege. Es gebe auch im Präsidium zunehmenden Unmut, dass man seit Tagen über Maßnahmen von Flüchtlingen diskutieren müsse, die noch gar nicht vorlägen. Sie erwarte, dass Seehofer seine 63 Punkte beim Koalitionsausschuss vorstelle.

Mit Spannung war am Montag die Pressekonferenz der SPD im Willy-Brandt-Haus erwartet worden. Parteichefin Andrea Nahles sagte, es gehe bei der Sicherung der Grenzen „nicht um das Ob, sondern um das Wie“. Insgesamt aber müssten CDU und CSU im Koalitionsausschuss miteinander klären, ob sie bereit seien, weiter miteinander zu arbeiten. Ihre Probleme „müssen sie selber lösen. Das allerdings erwarte ich auch.“ Alle Lösungen müssten dann noch mit der SPD in Übereinstimmung gebracht werden, sagte Nahles.

25 Jun 2018

AUTOREN

Anja Maier

TAGS

Schwerpunkt Angela Merkel
Horst Seehofer
Schwarz-rote Koalition
CDU/CSU
CSU
CDU
Lesestück Meinung und Analyse
Schwerpunkt Angela Merkel
Schwerpunkt AfD
Schwerpunkt Angela Merkel
Schwerpunkt Flucht
Asylpolitik

ARTIKEL ZUM THEMA

Debatte Medien und die Kanzlerin: Männer meckern, Merkel arbeitet

Überall liest man derzeit Abgesänge auf Merkels Kanzlerschaft – vor allem von Männern. Was soll dieser Kamikaze-Journalismus?

Angela Merkel, die CSU und die EU: Kampf an zwei Fronten

Die Bundeskanzlerin muss sich sowohl in der Union als auch auf europäischer Ebene behaupten. In Berlin erhöht Alexander Dobrindt den Druck.

Streit in der Union: Die zwei mit den Streichhölzern

Während Horst Seehofer sich in den offenen Zweikampf mit Angela Merkel stürzt, zündeln Alexander Dobrindt und Markus Söder in der CSU kräftig weiter.

Die Wahrheit: Ein Sternenkrieg für Angela Merkel

Was kann die Bundeskanzlerin in dieser alles entscheidenden Woche noch retten? Ein morgendlicher Einblick ins Innere der Macht.

EU-Sondergipfel zur Asylpolitik: Keine europäische Lösung in Sicht

Beim Krisengipfel zur Flüchtlingspolitik in Brüssel konnte Merkel keinen Erfolg verbuchen. Statt um Solidarität ging es um Abschottung mit allen Mitteln.

EU-Sondergipfel zur Asylpolitik: Merkel unter Druck

Merkel rückt vom Grundsatz einstimmiger Beschlüsse ab. Italien legt einen radikalen Plan zur Asylpolitik vor. Spanien warnt vor „Europhobie“ in den Mitgliedstaaten.