taz.de -- Kommentar Wahlen in Slowenien: Ein Rechtsruck sieht anders aus

In Slowenien ist es nicht so einfach, den Schalter zum Rechtspopulismus umzulegen. Jetzt sind die linken Parteien am Zug.
Bild: Seine Kampagne verfing nicht: Der rechtskonservative Janez Jansa nach der Wahl

Das [1][Wahlergebnis in Slowenien] als einen Rechtsruck zu bezeichnen, wie in manchen Medien geschehen, ist wohl etwas voreilig. Zwar hat der mit allen Wassern gewaschene Ex-Premier Janez Jansa mit den Ängsten der katholischen und kleinbürgerlichen Landbevölkerung des Alpenstaates gespielt. Doch seine Kampagne gegen Einwanderer verfing nicht so richtig.

Auch seine Versuche, die „slowenische Identität“ gegenüber der westliche Libertinage zu retten, ist bei 25 Prozent der Wählerstimmen stecken geblieben. Da half nicht einmal die Schützenhilfe aus Budapest.

Victor Orbáns Auftritte auf der „sonnigen Seite der Alpen“ blieben wirkungslos. Vielleicht auch deshalb, weil viele Wähler die beiden Freunde Jansa und Orbán als rechte Neoliberale verorten. In Slowenien aber sollen die Politiker sozial sein. Das will die Mehrheit, das ist Teil der wirklichen slowenischen Identität.

Slowenien ist die einzige Republik Ex-Jugoslawiens, wo der Kampf der Partisanen gegen den Faschismus im Zweiten Weltkrieg bis heute nicht vergessen ist, wo das jugoslawische Arbeiter-Selbstverwaltungsmodell funktioniert hat, wo Gewerkschaften und Belegschaften immer noch viel zu sagen haben. Hier ist es nicht so einfach, den Schalter hin zum Rechtspopulismus umzulegen. Slowenien hat zudem vom Eintritt in die EU profitiert, ist modern, mehrheitlich pro-europäisch eingestellt.

Eine linke Koalition ist zwingend

Und last but not least: Slowenien hat eine robuste Wirtschaft. Dies alles böte den linken Parteien Sloweniens eine Chance, dem Trend in den Nachbarländern Ungarn, Italien, Kroatien und Österreich entgegenzuwirken. Eine Koalition der bisher zersplitterten Linken wird zwar nicht einfach zu bilden sein, ist aber mangels Alternativen zwingend.

Wenn der Führer der linksliberalen Anti-System-Liste LMS, Marjan Sarec, wie sein Vorbild Emmanuel Macron wirklich Europa voranbringen will, muss er sich über die seit Jahren vorherrschende Klein-Klein-Politik in Slowenien hinwegsetzen – und mit Sozialdemokraten und Linken eine solide Regierung bilden..

4 Jun 2018

LINKS

[1] /Parlamentswahl-in-Slowenien/!5510205

AUTOREN

Erich Rathfelder

TAGS

Slowenien
Rechtspopulismus
Janez Jansa
Slowenien
Viktor Orbán
Europa
Melania Trump
Janez Jansa
Schwerpunkt Flucht

ARTIKEL ZUM THEMA

Fahrraddemos in Slowenien gegen Premier Janša: Er ist wieder da

Der Rechtspopulist Janez Janša regiert das Land an der Adria schon zum dritten Mal. Nun regt sich Widerstand gegen die Attacken auf den Kulturbetrieb.

Regierungsbildung in Slowenien: Orbán-Freund bald wieder im Amt

Der rechtskonservative Politiker Janez Janša war in Korruptionsskandale verstrickt. Jetzt soll er eine neue Mitte-Rechts-Regierung bilden.

Autor Boris Pahor über neuen Faschismus: „Finden wir einen anderen Sinn“

Boris Pahor war im KZ und lebt jetzt als Angehöriger der slowenischen Minderheit in Italien. Trotz Rechtsruck hat er den Menschen noch nicht aufgegeben.

Regierungsbildung in Slowenien: Start mit pro-europäischem Credo

Der neue Premier Marjan Šarec steht einer Regierung aus fünf Parteien vor. Ob er für Europa ein verlässlicher Partner ist, muss sich zeigen.

Parlamentswahl in Slowenien: Die Rechte gewinnt

Die Rechtskonservativen um Ex-Premier Janez Janša sind die Sieger der Wahl in Slowenien. Doch an der Regierung werden sie nicht beteiligt sein.

Auf der Balkanroute: Von Sarajevo an die Grenze

Tausende Geflüchtete steckten über Jahre im Südosten Europas fest. Sie suchen über Berge und Flüsse einen Weg in den Norden. Manche schaffen es.