taz.de -- Kommentar Trump beendet Atom-Deal: Raus aus dem Deal, rein ins Desaster
Ausstieg aus dem Nuklear-Abkommen, Sanktionen: Trump will Iran in die Knie zwingen. Das wird scheitern – und könnte zu Krieg führen.
Präsident Donald Trump hat am Dienstagabend den vollständigen Rückzug der USA aus dem Abkommen über das iranische Atomprogramm verkündet. Zugleich unterzeichnete er ein Dekret zur sofortigen Wideraufnahme „schärfster Sanktionen“ gegen Teheran unterzeichnet.
Diese Entscheidung des US-Präsidenten könnten sich eines Tages als noch größeres Desaster für die Nahostregion erweisen als der [1][völkerrechtswidrige Irakkrieg seines Vorvorgängers George Bush] im Jahr 2003. Wie damals Bush rechtfertigte auch Trump sein Vorgehen mit Lügen, die wortgleich bereits der israelische Premierminister [2][Benjamin Netanjahu letzte Woche in seiner Propagandashow verbreitet hatte].
Trumps Behauptung, Teheran verfolge weiterhin ein militärisches Atomprogramm, steht in diametralem Widerspruch zu den Aussagen, die der inzwischen zum Außenminister aufgestiegene ehemalige CIA-Direktor Mike Pompeo sowie der Chefkoordinator aller US-Geheimdienste noch Ende April vor dem US-Kongreß gemacht hatten. Mit [3][Trumps Entscheidung] hat sich wie Anfang des Jahrtausends unter Bush in Washington die Regime-Change-Fraktion durchgesetzt. Sie will den Kollaps der Regierung in Teheran durch wirtschaftlichen Druck erzwingen. Doch das wird nicht gelingen.
Denn die Koalition mit Russland, China und der EU, die auch mit gemeinsamen Sanktionen Iran zu dem Nuklearabkommen bewegt hatte, hat Trump mit dem einseitigen Rückzug aus diesem Abkommen zerstört. Deshalb hat die Trump-Administrationen auch keine erfolgversprechende Strategie, um ihre Forderung nach einem besserem Abkommen mit Teheran durchzusetzen. Damit läuft die politische Dynamik immer stärker auf einen – möglicherweise gemeinsam mit Israel, Saudi-Arabien und anderen Golfstaaten geführten – Krieg der USA gegen Iran zu.
Gemäßigte Iraner hatten das Abkommen begrüßt
Voller Anmaßung behauptete Trump, er habe mit seiner Entscheidung im Interesse des iranischen Volkes gehandelt. Tatsächlich hatte dieses Volk das Nuklearabkommen bei seiner Vereinbarung 2015 begeistert begrüßt und bis zuletzt mit großer Mehrheit unterstützt. Und dies, obwohl die von Präsident Hassan Ruhani versprochene Verbesserung der wirtschaftlichen Lage bislang nicht in dem erhofften Maß eingetreten ist.
Freuen dürften sich die iranischen Revolutionären Garden und andere Hardlinerfraktionen in Teheran: Sie waren schon immer gegen das Nuklearabkommen und sind wesentlich verantwortlich für die von Trump so scharf kritisierte Unterdrückung des iranischen Volkes sowie für die militärische Unterstützung der syrischen Regierungsstreitkräfte, der Hamas und der Hisbollah. Genau diese Hardliner stärkt Trump mit seinem Entschluss zum Ausstieg.
8 May 2018
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Israel muss sich jetzt an die Europäer halten, um einen Atomstaat Iran zu verhindern, sagt Meir Litvak, Direktor des Zentrums für Iranstudien an der Universität Tel Aviv.
In Syrien, im Irak, im Libanon und in Saudi-Arabien: Ein in die Ecke gedrängter Iran hätte viele Orte, um die Lage in der Region zu destabilisieren.
Weltweit gibt es Kritik am Ausstieg der USA aus dem Nuklearabkommen mit dem Iran. Zustimmung kommt nur aus Israel und Saudi Arabien.
Mit dem Ausstieg aus dem Atomdeal fordert Trump auch die EU heraus. Denn das Abkommen war als Alternative zum Kriegskurs im Irak konzipiert worden.
Trumps Ausstieg aus dem Atomdeal erzeugt in Teheran ein widersprüchliches Echo. Moderate wollen noch etwas retten, Hardliner geben sich martialisch.
Der Iran-Deal, die bevorstehende Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem und weitere Gaza-Proteste: Israel stellt sich auf unruhige Zeiten ein.
Am Abend will Trump seine Entscheidung über den Atomdeal mit dem Iran verkünden. Ohne die USA wäre das Abkommen politisch tot.
Netanjahu schimpft Iran „Lügner“ und legt Beweise vor, die ein Ziel haben: das Atomabkommen mit Iran torpedieren. Er setzt dabei auf die USA.