taz.de -- Demonstration in Ungarn gegen Orbán: Zehntausende für mehr Demokratie
In Budapest haben mehrere zehntausend Menschen gegen die rechtsnationale Regierung demonstriert. Sie verlangten eine Neuauszählung der Parlamentswahl.
Budapest dpa | Mehrere zehntausend Menschen haben am Samstagabend in Budapest gegen den Abbau von Rechtsstaat und Demokratie unter der rechtsnationalen Regierung in dem EU-Land demonstriert. Unter dem Motto „Wir sind die Mehrheit“ verlangten die Teilnehmer eine Neuauszählung der Stimmen bei der [1][Parlamentswahl am 8. April], eine Änderung des Wahlrechts und die Sicherung der Pressefreiheit. Zur Kundgebung aufgerufen hatten parteiunabhängige Aktivisten.
Die Parlamentswahl hatte die rechtsnationale Fidesz-Partei von Ministerpräsident Viktor Orbán deutlich für sich entschieden. Nach Angaben der Wahlkommission vom Samstag kam sie auf 49,9 Prozent der Stimmen. Aufgrund des Wahlrechts, das die stimmstärkste Kraft unverhältnismäßig begünstigt, errang Fidesz 134 von 199 Parlamentsmandaten und damit eine verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit.
In den vergangenen Tagen mehrten sich Berichte, wonach es bei der Auszählung der Stimmen in etlichen Wahllokalen zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein soll, die dem Fidesz zugutegekommen wären. Experten zufolge waren diese mutmaßlichen Manipulationen in ihrem Ausmaß nicht wahlentscheidend.
Das Wahlergebnis hatte vor allem junge Leute in Ungarn schockiert. In Internet-Foren äußerten viele den Wunsch, [2][das Land zu verlassen].
Kritiker werfen Orbán den Abbau der Demokratie, die Unterdrückung unabhängiger Medien und systematische Korruption vor. Als eine der ersten Maßnahmen nach seiner Wiederwahl will Orban Gesetze beschließen lassen, die die Arbeit von unabhängigen Zivilorganisationen unmöglich machen sollen.
15 Apr 2018
LINKS
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Die staatsnahe Presse veröffentlicht eine Liste unliebsamer Journalisten. Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Ungarn auf Platz 73.
Tausende protestieren in Budapest gegen die Wahlergebisse. Gleichzeitig erscheint eine „Henkersliste“, die Namen mit Orbán-Gegnern nennt.
Er ist für Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orbán seit Jahren die Zielscheibe politischer Angriffe: George Soros. Seit Orbáns Wiederwahl eskaliert die Situation.
Der Bericht kritisiert Korruption, Einschränkung der Meinungsfreiheit, Schwächung der Justiz und Rassismus. Er empfiehlt die Einleitung eines Sanktionsverfahrens.
Fast 800.000 Menschen haben Ungarn verlassen, seit Viktor Orbán an die Macht kam. Vor allem Junge werden von Zukunftsängsten geplagt.