taz.de -- Kommentar Berlinale und #MeToo: Eine stimmige Geste

Mit verschiedenen Aktionen reagiert die Berlinale auf die #MeToo-Debatte. Das ist gut und richtig. Aber trotzdem bleiben einige Fragen offen.
Bild: #MeToo hat Konsequenzen für die Berlinale

Die Berlinale reagiert auf #MeToo. Sie bietet während des Festivals ein Beratungsangebot an, dazu Podiumsveranstaltungen zu Themen wie sexuelle Gewalt in der Filmbranche, so die Ankündigung auf der Pressekonferenz vergangenen Dienstag. Das ist allemal geboten und zu begrüßen.

Doch wie jetzt bekannt wurde, hatte die Berlinale schon längst reagiert. Festivalleiter Dieter Kosslick wurde am Samstag in der Neuen Osnabrücker Zeitung mit den Worten zitiert, man habe „in diesem Jahr [1][Arbeiten von Leuten nicht im Programm], weil sie für ein Fehlverhalten zwar nicht verurteilt worden sind, es aber zumindest zugegeben haben“.

Als Geste ist das stimmig, auch wenn es streng genommen allein dieses Festival betrifft und die grundsätzliche Frage unbeantwortet bleibt, ob man künftig immer darauf verzichten sollte, Werke von Personen zu zeigen, die in dieser Form straffällig geworden sind. Die Berlinale tut in jedem Fall gut daran, solchen Leuten nicht eigens ein Forum auf dem roten Teppich zu bieten.

Eigenartig ist nur, dass dieser Schritt nicht gleich bei der offiziellen Präsentation des Festivals erwähnt wurde. Kosslick mag die Entscheidung im Vorfeld in Interviews angedeutet haben, so eindeutig wie jetzt war er da aber nicht geworden. Das nährt am Ende Zweifel daran, wie selbstbewusst man wirklich zur eigenen Position steht.

Ein weiterreichendes Zeichen kommt parallel von Bundeskulturstaatsministerin Monika Grütters. Ihre Ankündigung, eine Anlaufstelle für Missbrauchsopfer aus der Kreativbranche zu finanzieren, setzt ein klares politisches Signal für den Stellenwert der #MeToo-Debatte, die längst über die Grenzen des Filmgeschäfts hinaus alle Bereiche der Gesellschaft erreicht hat. Prinzipiell ist das Angebot für alle Kultursparten gedacht, Grütters hat nach eigenen Angaben bisher mit Vertretern aus Film, Theater, Tanz und Musik gesprochen.

Das ist ein wichtiger Auftakt, wenn auch bloß ein Anfang. Immerhin: Er ist gemacht.

11 Feb 2018

LINKS

[1] /Auswahl-der-Berlinale-Filme/!5481246/

AUTOREN

Tim Caspar Boehme

TAGS

Schwerpunkt Berlinale
Schwerpunkt #metoo
Kino
Sexuelle Gewalt
Filmbranche
Kolumne Flimmern und Rauschen
Sexuelle Gewalt
Schwerpunkt Berlinale
Schwerpunkt Berlinale
Schwerpunkt #metoo
Schwerpunkt Berlinale
Dieter Wedel

ARTIKEL ZUM THEMA

Kolumne Flimmern und Rauschen: #MeToo und seine (Nicht-)Folgen

Nach der #MeToo-Debatte versprach Kulturministerin Monika Grütters eine zentrale Anlaufstelle. Auf die warten wir immer noch.

Monat gegen sexuelle Gewalt in den USA: Antreten gegen Belästigung

Jedes Jahr im April wird in den USA gegen sexuelle Gewalt demonstriert. Flankiert werden viele Aktionen von einer Heuchelei.

Kommentar #MeToo auf der Berlinale: Es fehlt ein Statement

Die Berlinale setzt Zeichen gegen sexuelle Übergriffe. Sie muss aber auch klar Position beziehen, um Betroffene zum Sprechen zu ermutigen.

Berlinale-Standbild (Teil 1): Alles mit der Hand gesaugt

Er ist aus rotem Kunststoff, kennt die Geschichte der Stadt und die Schuhe der Stars. Unser Autor läuft schon einmal über den Berlinale-Teppich.

Berlinale 2018 im Überblick: Großbaustelle am Potsdamer Platz

Die 68. Berlinale wirft viele Fragen auf: Was kommt nach Dieter Kosslick? Wie ist die Haltung zu #MeToo? Der Wettbewerb 2018 hat einiges zu bieten.

Online-Petition zur Berlinale und #MeToo: Der schwarze Teppich

Eine Schauspielerin fordert, dass statt des roten ein schwarzer Teppich auf der Berlinale ausgerollt wird. Umsetzen wird die Berlinale das nicht.

Shootingstar über Machtverhältnisse: „Die Angst, überrannt zu werden“

Franz Rogowski ist Schauspieler und Tänzer. Er spricht über Machtverhältnisse beim Film, Männer, Narben, Bouldern und Schwarztee.

Auswahl der Berlinale-Filme: #MeToo hat Folgen fürs Programm

Das Filmfest zeigt in diesem Jahr keine Arbeiten von Leuten, die sexistisches Fehlverhalten zugegeben haben. Offen ist: Welche Filme fehlen?

Vor dem Berlinale-Start: So geht's zum Film!

Am Donnerstag startet die Berlinale. Gezeigt werden in zehn Tagen rund 400 Filme. Wie bewältigt man das? Eine Anleitung.