taz.de -- Oxfam-Bericht vor Davos: Reiche sollen mehr Steuern zahlen

Vor dem Weltwirtschaftsforum, das am Dienstag beginnt, warnt Oxfam vor einer zunehmenden Kluft zwischen Arm und Reich.
Bild: Mittlerweile hätten 42 Milliardäre so viel Kapital angehäuft wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung

Davos taz | Was soziale Ungleichheit bedeutet, will Oxfam mit diesem Vergleich verdeutlichen: In vier Tagen verdiene der Vorstandsvorsitzende eines globalen Modekonzerns so viel Geld wie eine Näherin in Bangladesch in ihrem ganzen Leben, heißt es in einem neuen Bericht der Entwicklungsorganisation zur Polarisierung der weltweiten Einkommen und Vermögen. Oxfam veröffentlicht die Studie jedes Jahr vor dem Weltwirtschaftsforum von Davos.

Der globalen Elite, dem reichsten einen Prozent der Weltbevölkerung, gehöre über die Hälfte allen Vermögens auf Erden, heißt es. Und dieser Anteil nehme zu. Sowohl die Ungleichheit der Einkommen als auch der Vermögen wachse. Ein Beleg dafür: Mittlerweile hätten 42 Milliardäre so viel Kapital angehäuft wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung. 2009 seien das noch 380 Milliardäre gewesen. Das Vermögen konzentriere sich also in immer weniger Händen, sagt Jörn Kalinski, Kampagnenleiter von Oxfam Deutschland.

Die Zahlen basieren unter anderem auf Untersuchungen der Schweizer Bank Credite Suisse, des Magazins Forbes, des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank. Im vergangenen Jahr musste Oxfam sich sagen lassen, [1][einige Angaben stimmten nicht], und man überzeichne die Entwicklung. Die Organisation verteidigt sich mit dem Hinweis, dass sie stets die neuesten verfügbaren Statistiken verwende. Diese würden sich im Zeitverlauf aber auch ändern.

Oxfam räumt ein, die Zahl der Menschen, die in absoluter Armut lebten, gehe global zurück. Das sei ein Fortschritt. Doch noch immer müssten rund 700 Millionen von etwa 7,5 Milliarden Menschen mit weniger als 2 US-Dollar pro Tag zurechtkommen. Die wachsende Ungleichheit erschwere den Kampf gegen die Armut. Im Übrigen zersetze sie die Demokratie, weil sich die Benachteiligten von den Institutionen alleingelassen fühlten und teilweise extreme Parteien wählten, wie beispielsweise in Europa und den USA.

Die Studie erscheint kurz vor Beginn des WEF. In den vergangenen Jahren kooperierte Oxfam mit dem Forum. So amtierte Geschäftsführerin Winnie Byanyima 2016 als Kovorsitzende des Kongresses in Davos. Hat das etwas gebracht? „Ja“, sagt Kalinski, bei den Managern und Konzernlenkern „nimmt das Bewusstsein für das Problem der Ungleichheit und dessen Dringlichkeit zu“. Das gelte teilweise auch für die Politik.

Lobend erwähnt wurde die internationale BEPS-Initiative, in der Dutzende Staaten, unter anderem Deutschland, kooperieren, um die Steuerflucht durch transnational tätige Konzerne zu verringern. Bisher allerdings mit zu geringem Erfolg: Laut Oxfam gehen den Regierungen pro Jahr etwa 200 Milliarden Euro Steuereinnahmen verloren, weil allein das reichste Prozent der Menschheit sein Kapital gern in Steueroasen verstecke.

Oxfam fordert, diese und andere Ursachen der Ungleichheit politisch anzugehen. Sie schlägt beispielsweise vor, „weltweite Mindeststeuersätze“ für Unternehmen einzuführen. Ein schwieriges Unterfangen. Gerade erst hat die US-Regierung ihre Steuer auf Firmengewinne stark gesenkt. Auch in Europa dürften große Summen verloren gehen.

21 Jan 2018

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Hannes Koch

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