taz.de -- Kolumne Liebeserklärung: Was für ein putziger Revolutionär

Der CSU-Politiker Dobrindt sehnt sich nach einer „konservativen Revolution“. Und er weiß auch schon, wer die anführen soll.
Bild: Ein Blümchen für den Revolutionär

Ist es nicht drollig, wie das kleine bayerische Rumpelstilzchen gerade zeternd über die Almen hüpft?

Alexander Dobrindt hat die Rolle des Dorfdeppen, die ihm nun offenkundig in der CSU-Erbfolge zugedacht wurde, nachdem seine Vorgänger Seehofer und Söder anderweitig beschäftigt sind, mit bezaubernder Spielfreude angenommen. Der Politiker, dessen Lebenswerk sich mit dem einen Wort „Maut“ präzise zusammenfassen lässt, das vor jeder Comedybühne des Landes das Publikum schon loswiehern lässt, wenn man es nur ausspricht, weil selbst dem linientreusten Unionisten vollkommen klar ist, wie bescheuert dieses Projekt ist, versucht sich nun also als Anführer einer „konservativen Revolution“.

Das schrieb er passend zur nahenden Karnevalssaison in einer [1][Büttenrede für die Welt] – dass der Begriff historisch belastet ist, wollen wir ihm mal nicht ankreiden, da niemand ernsthaft glaubt, er verfüge über die intellektuelle Kapazität, das zu überschauen. Kernthese: „Deutschland ist nicht der Prenzlauer Berg, aber der Prenzlauer Berg bestimmt die öffentliche Debatte.“

Das Lustige daran ist, dass Dobrindt den verspießerten Berliner Noblifizierungsstadtteil Prenzlauer Berg allen Ernstes als Metapher für eine herbeifantasierte „linke Revolution der Eliten“ hält, was eine analytische Schärfe und Wirklichkeitsnähe zeigt, die selbst Donald Trump vor Respekt mit der Zunge schnalzen ließe. Von der Wahnvorstellung, dass es in Deutschland eine irgendwie links dominierte Politik gäbe, mal ganz zu schweigen.

Aber auch wenn Dobrindts Ehrgeiz, beim AfD-Ähnlichkeitswettbewerb den ersten Platz zu machen, durchaus rührend ist – nicht einmal Leserkommentarschreiber auf Welt Online sind blöd genug, ihm diese Wutbürgerchen-Performance abzukaufen. Doch solange seine Chefs mit den Resteverwertern der Sozialdemokratie die nächste GroKo durchziehen, wird Dobrindt wohl weiter herumlärmen müssen, um seine ehemaligen Wähler auf sich aufmerksam zu machen.

Die aber werden nicht einmal aufschauen, weil sie gebannt den Tweets von Beatrix von Storch folgen, da kann er noch so sehr „Ökologisten“ in eine Reihe mit „Islamisten“ stellen. Ans Original reicht der Mann einfach nicht heran. So zornig er auch durch seine Original-Prenzlauer-Berg-Brille zu blinzeln versucht – es wirkt am Ende doch halt eher putzig.

5 Jan 2018

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[1] https://www.welt.de/debatte/kommentare/article172133774/Warum-wir-nach-den-68ern-eine-buergerlich-konservative-Wende-brauchen.html

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Heiko Werning

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