taz.de -- Kommentar Wahlausgang in Japan: Ein japanischer Populist

Abe erntet die Früchte des von ihm selbst geschürten Klimas der Angst. Dank Nordkoreas Aggression wird er wohl auch bald wieder Krieg führen können.
Bild: Er weist den Japanern den Weg in den Krieg: Shinzo Abe

So lässt sich der Wahlausgang in Japan auch begreifen: Raketenmann Kim rettet dem Premierminister den Arsch. Guter Planung sei Dank. Jetzt könnte bald auch endlich wieder vorwärtsverteidigt werden.

Das Kalkül von Shinzo Abe, die [1][Neuwahl] um mehr als ein Jahr vorzuziehen, ist voll aufgegangen. Dank der Bedrohung durch nordkoreanische Raketen gingen Japans Wähler auf Nummer Sicher und bestätigten ersten Prognosen zufolge die Zwei-Drittel-Mehrheit der Koalition aus Abes Liberaldemokraten und der buddhistischen Komei-Partei. Die Inselnation hat damit erneut rechts und konservativ gewählt, auch weil das Wahlsystem die Regierungspartei begünstigt und die Opposition schwach und zerstritten blieb.

Der 63-jährige Abe ist ein japanischer Populist: Geschickt nutzte er die Raketenabschüsse von Nordkorea über Japan hinweg, um sich als der Beschützer der Nation zu gerieren. Er führte ein landesweites Alarmsystem ein, das bei jedem Raketenstart in Nordkorea die Handys von Millionen Japanern klingeln lässt, und setzte Schutzübungen in vielen Städten an. Zugleich stellte er sich hinter die harte Linie von US-Präsident Donald Trump. Dadurch gerieten die Vorwürfe der Vetternwirtschaft gegen ihn in Vergessenheit. Stattdessen erntet Abe nun die Früchte des von ihm selbst geschürten Klimas der Angst.

Mehr als 70 Prozent der Abgeordneten im neuen Parlament werden also für eine Reform der japanischen Verfassung stimmen können – zu Lasten des Pazifismus. So zeichnet sich nämlich die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit für eine Überarbeitung von Artikel 9 ab, in dem Japan auf das Recht auf Kriegsführung verzichtet. Diese Reform ist Abes eigentliches politisches Ziel. Um das zu erreichen, wird der Nationalist auch weiter den Scharfmacher geben. Dabei wird er ignorieren, dass nur etwas mehr als die Hälfte aller Japaner an die Wahlurnen gegangen ist und es Umfragen zufolge keine Mehrheit für eine Abkehr vom Pazifismus gibt.

Abes Sieg stärkt auch jene Kräfte in den USA, die das Problem Nordkorea durch militärische Aktionen beseitigt sehen wollen. Dazu passt ebenso, dass Kaiser Akihito im Frühjahr 2019 abdanken wird. Mit ihm endet auch seine Amtszeit mit dem Namen „Heisei“: zu deutsch „Frieden überall“.

22 Oct 2017

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Martin Fritz

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