taz.de -- Kurden-Referendum im Irak: Gericht ordnet Aussetzung an

Am 25. September wollen die Kurden im Nordirak über ihre Unabhängigkeit abstimmen. Ein Gericht tritt nun auf die Bremse, es will erst einmal Klagen prüfen.
Bild: Von den etwa 39 Millionen Einwohnern des Iraks sind rund 15 bis 20 Prozent Kurden

Bagdad/Ankara/Erbil afp/dpa | Der Oberste Gerichtshof des Irak hat die Aussetzung des geplanten Unabhängigkeitsreferendums in der autonomen Kurdenregion im Nordirak angeordnet. Die Vorbereitung des für den 25. September geplanten Referendums solle gestoppt werden, bis das Gericht Klagen geprüft habe, wonach das Referendum verfassungswidrig sei, teilte die höchste juristische Instanz des Landes am Montag mit.

Das Parlament der Kurdenregion [1][hatte am Freitag gegen den Willen der irakischen Zentralregierung] ein Referendum für kommenden Montag angesetzt. Der Volksentscheid ist nicht bindend und würde nicht automatisch zur Loslösung der Kurdenregion führen, doch deren Unabhängigkeitsbestrebungen neuen Schwung geben. Auch die Nachbarn Türkei und Iran sowie die USA und die UNO lehnen die Pläne ab.

Am Montag hat die Türkei ein großangelegtes Militärmanöver an der irakischen Grenze gestartet. Wie die Armee amitteilte, findet das Manöver unter Beteiligung von Panzern in der südtürkischen Region Silopi-Habur statt. Augenzeugen berichteten, rund hundert Fahrzeuge seien am frühen Morgen in der Region unterwegs gewesen.

Ankara und Teheran fürchten, dass sich ihre eigenen kurdischen Minderheiten durch das Unabhängigkeitsreferendum ermutigt fühlen, die Abspaltung zu suchen. Die türkische Regierung bezeichnete das geplante Referendum wiederholt als „Fehler“ und warnte, die Kurdenregierung in Erbil werde einen „Preis“ zahlen und die Abstimmung könnte zu einem „Bürgerkrieg“ führen.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will demnächst am Rande der UN-Vollversammlung in New York mit Iraks Ministerpräsident Haidar al-Abadi über das Thema sprechen.

Die Kurden im Irak

Von den etwa 39 Millionen Einwohnern des Iraks sind rund 15 bis 20 Prozent Kurden. Sie stellen neben den arabischen Schiiten und Sunniten die dritte große Volksgruppe im Land. Die meisten Kurden leben im Norden des Landes, wo sie in ihrer Autonomieregion große Unabhängigkeit genießen. Dort haben sie in ihrer Hauptstadt Erbil ein eigenes Parlament und eine eigene Regierung. Am Flughafen Erbil vergeben sie eigene Visa.

Während die Sicherheitslage in großen Teilen des Iraks seit Jahren äußerst schwierig ist, gelten die kurdischen Autonomiegebiete als recht stabil. Erbil erlebte lange einen Bauboom, der wegen des schwachen Ölpreises und dem Rückgang der Einnahmen jedoch vorbei ist. Überall in der Stadt stehen heute leere Rohbauten. Wegen der Wirtschaftskrise musste die Kurden-Regierung die Gehälter kürzen.

Die Politik der Kurdengebiete wird von zwei großen Parteien bestimmt: Der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) von Präsident Massud Barsani und der Patriotischen Union Kurdistans (PUK). Die Oppositionspartei Gorran („Wandel“) spielt nur eine Nebenrolle. Mit den Peschmerga-Kämpfern haben die Kurden Truppen, die sich immer mehr zu einer eigenen Armee entwickeln und auch im Kampf gegen die IS-Terrormiliz eine wichtige Rolle spielten. Deutschland und andere Länder liefern den Peschmerga Waffen und bilden sie aus.

18 Sep 2017

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